Waldumbau und Schalenwild – unvereinbar?
Der Klimawandel macht einen Umbau unserer Wälder zwingend notwendig – das ist allgemein akzeptierter Konsens. Vielfältige, strukturreiche Mischwälder haben langfristig die besten Überlebenschancen, auch darin sind sich die meisten Experten einig. Die Frage nach dem Wie wird allerdings sehr kontrovers diskutiert.
Mensch und Wildtier teilen sich Lebensräume, die Nutzungsansprüche sind sehr unterschiedlich. Infrastruktur sowie Land- und Forstwirtschaft prägen die Kulturlandschaft. Konflikte sind unvermeidlich, Wildschäden entstehen. Die Rede ist oft von „überhöhten“ Schalenwildbeständen als größtem Hemmnis für den Waldumbau. Vertreter von Behörden und Naturschutzverbänden sehen die Lösung allein in einer drastischen Reduktion der Wildbestände. Das ist zu kurz gedacht.
Die Wildverteilung ist entscheidend
Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst Wildschäden. Neben der Höhe von Tierbeständen ist unter anderem die Wildverteilung entscheidend – mit Augenmerk auf Waldstruktur und Ruhezonen. Der DJV hat hierzu eine ausführliche Broschüre herausgebracht. Letztendlich helfen gegen Wildschäden nur aufeinander abgestimmte waldbauliche und jagdliche Maßnahmen, die vor Ort funktionieren. In der DJV-Videoreihe #waldbaumitwaidblick kommen dazu Experten zu Wort.
„Wald vor Wild“ ist überholt
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat nach massiver Kritik des Deutschen Jagdverbandes und weiterer Verbände seinen ersten Entwurf zur Nationalen Waldstrategie 2050 überarbeitet. Der neue Entwurf weist deutliche Verbesserungen auf. Hingegen hat der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in seinem Gutachten zur Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel den längst überholten „Wald-vor-Wild“-Ansatz bedient. Der DJV kritisiert dies. Politik und Behörden brauchen den Mut, neue Ansätze, wie die wildökologische Raumplanung, zu verfolgen. Alte Rezepte wie „Wald vor Wild“ hingegen schaden Wildtieren.
Landschaftszerschneidung führt zu Inzucht
Schalenwild, insbesondere Rotwild, braucht großflächige Lebensräume. Zerschneidung und intensive Nutzung der Landschaft verschlechtern Lebensräume massiv. Mit negativen Auswirkungen: Wissenschaftler der Universität Göttingen haben 34 Rotwildvorkommen in Deutschland untersucht, nur zwei sind langfristig vor Inzucht sicher. Drastische Bestandsreduktionen würden die Situation zusätzlich verschärfen – vor allem wenn der genetische Austausch fehlt. Ein Ausgleich zwischen Ansprüchen von Mensch und Wildtieren kann nur durch ein Wildtiermanagement erfolgen. Dabei sind eine Lebensraumbegutachtung und die damit verknüpfte wildökologische Raumplanung geeignete Instrument zur Konfliktlösung. Der DJV hat in seiner dreiteiligen Online-Vortragsreihe „Wildtiere und Mensch“ Expertenwissen zum Wald-Wild-Konflikt sowie Lösungsansätze präsentiert.