Auf Blattjagd mit dem Cousin
Wir saßen auf der Hüttenkanzel und nicht lange nach dem Einsatz des Buttolo-Blatters zog eine Ricke zur Salzlecke. Während wir auf den Bock warteten, knackte es hinter uns. Ich bat Christoph, mal nachzuschauen, was da los sei. Er grinste mich an und sagte „Da steht der Bock!“. Tatsächlich, dort stand er und schöpfte Wasser. Leider konnte ich aufgrund des dichten Geästs keine Kugel antragen und wir mussten ihn ziehen lassen. Gegen Ende kamen dann noch fünf Dachse den Hang hinunter. Für Christoph war es ein spannender und aufregender erster Ansitz mit reichlich Anblick.
Am nächsten Morgen klingelte schon um drei Uhr der Wecker und wir fuhren wieder ins Revier auf dieselbe Kanzel. Als es hell wurde, fing ich wieder mit dem Blatten an und kurz darauf zog ein Schmalreh linker Hand durch den Bestand. Danach hatten wir eine Zeit lang keinen Anblick und Christoph hing, von der Müdigkeit überwältigt, schlafend mit dem Kopf in der Luke. Ich weckte ihn, als eine Ricke auf die Äsungsfläche zur Salzlecke zog. Gegen 7:40 Uhr fiel dann ein Schuss. Ein dritter Mitjäger erlegte einen zweijährigen Spießer, wie sich später herausstellte.
Wenige Minuten vergingen und dann wurde es auch bei uns spannend. Christoph sah, im Gegensatz zu mir, einen Bock über die linke Schneise ziehen. Es war der bekannte vom Vorabend, der anschließend spitz von Vorne zur Stammsulze wieder hochzog. Ich befand mich bereits in Schusspostition und wartete nur darauf, dass er breit stand. Doch so einfach machte er es uns nicht. Gleich fing er an, die fiepende Ricke zu treiben. Nach der ersten Runde zeigte er mir endlich die Breitseite und ich versuchte ihn mit einem „Ey!“ zum Verhoffen zu bringen – vergeblich. Denn wenn die Hormone kreisen, geht der Geist auf Reisen! Nahtlos drehten beide einen zweiten Kreis um die Salzlecke. Nun verhoffte er einen Augenblick und um 8:10 Uhr ließ ich fliegen. Im Knall sah ich, wie der Bock hochsprang und nach unten die Totflucht ergriff. Christoph versicherte mir mit erkennbarem Jagdfieber in völliger Aufregung, dass der Bock liege.
Nachdem wir unsere Rucksäcke gepackt hatten, gingen wir in die Fluchtrichtung des Bockes. Etwa 40m vom Anschuss entfernt lag ein zweijähriger Gabler, der, seinem Zeichnen entsprechend, einen Tiefblattschuss hatte. Alsbald kam auch Siggi zum Ort des Geschehens. Wir machten Erinnerungsfotos und ich überreichte Christoph die Patronenhülse der 8x57 IS als Andenken. Anschließend frühstückten Siggi, Christoph und ich, bevor wir beide Böcke aus der Decke schlugen. Die Böcke brachten 15 und 17 kg auf die Waage.
Für Christoph waren es zwei sehr erlebnisreiche Tage, in denen er viele Eindrücke sammeln konnte. Seitdem begleitet er mich, wenn es zeitlich möglich ist, nicht nur auf dem Ansitz, sondern auch zu Drückjagden als Treiber. Bei seiner Passion bin ich mir sicher, dass er in ein paar Jahren den Jugendjagdschein machen wird, so wie ich es mit 16 auch tat.
Von Sascha Gniesmer