Gämse (Rupicapra rupicapra)
Kennzeichen
- Kopf-Schwanz-Länge: 125 – 135 cm, Widerristhöhe: 70 – 90 cm
- Gewicht: Böcke 30 -50 kg, Geißen 24 – 40 kg
- Fell: Blassbraun im Sommer, dunkelbraun im Winter mit feiner Unterwolle; lange Haare entlang der Rückenlinie (verwendet als Trophäe für den „Gamsbart“); Farbmutanten vorkommend: Teil- und Vollalbinos und Schwarzfärbungen („Kohlgams“)
- Charakteristische Gesichtszeichnung: Stirn, Wangen und Kinn weiß; dunkle „Zügelstreifen“ von der Oberlippe über die Augen bis zum Hornansatz
- Beide Geschlechter tragen Hörner: Die Hornschläuche sitzen auf Knochenzapfen und wachsen jährlich weiter, daher können man auf der Rückseite der Krucken an Einkerbungen Jahresringe unterscheiden werden (im Winter geringeres Wachstum); neben den Zähnen dienen diese Jahresringe der Alterseinschätzung am erlegten Stück
- Die Hörner (Krickel oder Krucken, max. 20cm lang) werden im Gegensatz zu Geweihen nie abgeworfen und sind an den Spitzen nach unten gebogen; beim Bock ist diese Krümmung steiler, bei der Geiß flacher (Ansprechkriterium!); Beispiel für Geschlechtsdimorphismus
- Hautdrüsen: Zwischenzehendrüsen und sogenannte „Brunftfeigen“ hinter der Hornbasis; vor allem während der Brunft wird Sekret abgesondert und an Zweigen abgestreift (Imponiergehabe der Böcke)
Unterschiede zu anderen Boviden
Das Mufflon | Die Gams | Der Steinbock |
Nur die Männchen bilden ein Horn aus. Dies kann bis zu 80 cm lang werden. | Sowohl Männchen als auch Weibchen tragen Horn. Dies kann bis zu 25 cm lang werden. | Böcke tragen gebogene bis zu 1m lange Gehörne. Geißen haben nur ein kurzes Gehörn. |
Verbreitung und Stellung im zoologischen System
Ordnung: Paarzeher (Artiodactyla) Familie: Hornträger (Bovidae) Unterfamilie: Ziegenartige (Caprinae) Gattung: Rupicapra Arten: rupicapra und pyrenaica
- Verbreitung der Art R. rupicapra: Alpen, Karpaten, Kaukasus, Hohe Tatra, Nordosttürkei und Balkan; eingebürgert im Schwarzwald, in der Schwäbischen Alb und im Erzgebirge
- Verbreitung der Art R. pyrenaica: Apennin (Abruzzengemse), Pyrenäen, Kantabrisches Gebirge (Nordwestspanien)
Lebensraum
- Typische Wildart im Hochgebirge: im Sommer in der Matten- und Latschenkieferregion; im Winter mitunter an der Baumgrenze oder im Wald vor allem bei hohen Schneelagen („Waldgams“)
- Standortwahl beeinflusst von der Witterung und dem Nahrungsangebot
- Große Bedeutung hat Hangrichtung und Hangneigung (schneefreie Stellen und Sonneneinstrahlung!)
- in Mittelgebirgsregionen: Geröllfelder, Felswände, felsnahe Wiesen
Nahrung
- Sommeräsung: Saftige, eiweißreiche Gräser und Kräuter (= Konzentratselektierer)
- Winteräsung: Trockene Gräser, Moose, Flechten, Bergkiefernadeln (= Rauhfutterfresser)
Sinnesleistung und Lautäußerung
- Gut entwickelter Seh- und Geruchssinn
- „Pfeifen“ als Warnlaut z.B. für die Kitze beim Anflug von Steinadlern
- „Blädern“ der typische Brunftlaut des Bockes beim Annähern an die Geiß
- „Meckern“ als Angst- und Suchlaut
Fortpflanzung
- Geschlechtsreife bei Böcken durchschnittlich mit 2 Jahren, bei Geißen mit 2-3 Jahren; bei sich aufbauenden Populationen Eintritt in Geschlechtsreife früher
- Brunft: Ende Oktober bis Mitte Dezember
- Bildung von Brunftrudeln; Platzböcke überwachen ihr Rudel auf exponierten Felsvorsprüngen
- Verteidigung der Rudel gegenüber Nebenbuhlern, teilweise durch Hetzjagden; in dieser Zeit eingeschränkte Nahrungsaufnahme bei den Böcken, daher oft Verluste von mittelalten und alten Böcken vor dem Winter
- Tragzeit: ca. 6 Monate; Geburt von 1-2 Kitzen pro Geiß im Mai/Juni; Säugezeit: ca. 6 Monate, die Geiß setzt sich kurz vor der Geburt vom Rudel ab; wenige Tage nach der Geburt kehrt sie mit ihrem Nachwuchs wieder zurück.
Lebensweise und Lebenserwartung
- Gamswild ist tagaktiv und kann hervorragend klettern, da die Füße mit harten Schalenrändern und elastischer Sohle ausgerüstet und die Zehen weit spreizbar sind.
- Im Sommer: mittelalte Böcke bilden Bockrudel (3-6 Böcke); alte Böcke sind Einzelgänger. „Geraffel“: Geißrudel mit Kitzen, das von alter Leitgams geführt wird
- Geschlechtsverhältnis bis zum 5.Lebensjahr ausgeglichen, danach verschiebt es sich zugunsten der Geißen.
- Beobachtetes Höchstalter in bayrischen Alpen: Böcke 15 Jahre, Geißen 22 Jahre
- hoher Kitzverlust vor allem am Ende der Säugezeit (vermutlich durch Nahrungsumstellung)
- Natürliche Todesursachen: harte Winterbedingungen mit Nahrungsmangel; Gamsräude verursacht durch die artspezifische Milbe Sarcoptes rupicaprae; Gamsblindheit (Infektionskrankheit vor allem im Sommer auftretend)
- natürliche Feinde: Wolf, Bär, Steinadler und Uhu für Kitze
Die Gams im Jagdgesetz
- Nach § 1 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes ist die Gemse als Wild definiert und kann nach BJagdG vom 1.8. bis 15.10. bejagt werden. Darüber hinaus sind hinsichtlich der Jagd- und Schonzeiten auch die länderspezifischen Regelungen zu beachten.
Extra
- Gämsen sind sehr futterneidisch und äsen im Abstand, daher sollte bei Winterfütterungen das Heu an mehreren Stellen angeboten werden.
Gamswild im Bundesjagdgesetz
- Jagdzeit: 1. August - 15. Dezember
Quellen
- Niethammer, J.; Krapp, F. (1986): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 2/II Paarhufer - Artiodactyla. Aula Verlag Wiesbaden.
Links
- Für interessierte Jäger und Nichtjäger: Jagdstrecken, Zahlen und Fakten auf Daten und Fakten.de