(Quelle: Kauer/DJV)

Bisamratte (Ondatra zibethicus)

Die aus Nordamerika eingeführte Bisamratte trägt noch viele weitere volkstümliche Namen wie beispielsweise Moschusratte, Zwergbiber, Bisambiber, Zibetratte, Sumpfkaninchen oder auch Sumpfhase. Die im englischen Namen „Muskrat“ erkennbare Benennung beruht auf dem moschusähnlichen Sekret das die männlichen Bisamratten zur Reviermarkierung absondern. Bisamratten gehören zu den semi-aquatischen Tierarten, ein Großteil ihres Lebens spielt sich im oder am Wasser ab. Die Art wird seit 2017 in der europäischen Union als invasives Neozoon eingestuft. Der Ausdruck „Bisam“ bezeichnet das Fell im Pelzhandel, daher wird im Text der deutsche Artname Bisamratte verwendet.

Bisamratte
Bisamratte (Quelle: Rolfes/DJV)

Kennzeichen

Kopf-Rumpflänge von etwa 40 cm, Schwanzlänge 25 cm (die größten Vertreter der Wühlmäuse)^. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in den morphologischen Merkmalen kaum Fellfarbe variiert von schwarz über dunkelbraun bis zu hellbraun (Rücken dunkler als Körperseiten). Fell stark wasserabweisend (Tier kann sich häufig und länger im Wasser aufhalten) Kopf wirkt dick und rundlich, große orangegelbliche Schneidezähne. Schwanz dunkel und seitlich leicht abgeflacht (im Gegensatz zu Nutria und Biber) Pfoten (Farbe schwarzbraun) nicht mit Schwimmhäuten, sondern mit Schwimmborsten versehen, lange, helle Krallen.

Gewicht zwischen 800 und 2000 Gramm.

 

Verbreitung und Stellung im zoologischen System

Ab Anfang des 20. Jahrhunderts (erste Aussetzung 1905 bei Prag) wurden Bisamratten gezielt in vielen europäischen Ländern ausgesetzt; innerhalb weniger Jahrzehnte erfolgreiche Vermehrung und Ausbreitung in ganz Europa. Heute umfasst ihr Verbreitungsgebiet neben Nordamerika fast das gesamte nördliche Eurasien, Japan, Argentinien und Chile. Die Bisamratte ist eine ursprünglich ausschließlich in Nordamerika beheimatete Nagetierart (Ordnung Rodentia), sie gehört zu den Mäuseartigen (Muroidea), ist aber keine Ratte, sondern ein Mitglied der Wühlmausunterfamilie Arvicolinae.

Lebensraum

Alle Biotope mit konstantem Wasserstand (stehende oder fließende Gewässer wie Seen, Teiche, Flüsse, Gräben, überstautes Gelände) werden besiedelt, ausschlaggebend ist ein hoher Anteil an Wasserpflanzenmasse und die Möglichkeit Baue anzulegen. Bei lokal hohen Bisamrattenbeständen kann das Biotop durch Fraß- und Bautätigkeit negativ beeinflusst werden (starkes Abfressen der Pflanzenwurzeln kann zu flächigem Verlust von Wasserpflanzen führen; Anlage von Erdröhren/-bauen destabilisiert Böschungen und Dämme).

Nahrung

Bisamratten ernähren sich hauptsächlich von Wasserpflanzen, nutzen dabei je nach Gebiet aber oft nur ausgewählte Arten. Meist werden nur die basalen Pflanzenteile gefressen, der Rest schwimmt als „grüner Rest“ auf der Wasseroberfläche – ein sicheres Kennzeichen für die Besiedlung des Gewässers durch Bisamratten. Auch an Land nehmen sie Grünpflanzen auf, wie z.B.: Gräser, grünes Getreide, Gemüse, Obst sowie Weidenzweige /-rinde. Gelegentlich werden auch Mollusken und Krebse aufgenommen, dies vor allem am Ende des Winters, wenn Pflanzen noch spärlich sind.

Sinnesleistung und Lautäußerung

Bisamratten sind vor allem dämmerungs- und nachtaktiv, bei Wanderung, wenig Feinddruck und Störung auch tagaktiv Schwimmt ausgezeichnet (Hinterpfoten treiben vorwärts, Schwanz steuert, Vorderpfoten werden in den Halsgruben an den Körper gelegt), sie ist sehr scheu und taucht bei Beunruhigung sofort ab. Kann bis zu zehn Minuten unter Wasser bleiben Bisamratten sind wenig stimmfreudig, bei der Paarung können quäkende Laute zu hören sein – Nestjunge piepsen; bei gegenseitiger Aggression werden in schneller Folge die Schneidezähne aufeinandergeschlagen (weithin hörbar). Sehsinn von geringerer Bedeutung, Geruchssinn gut ausgeprägt – auf angelegten Kotplätzen wird von den Männchen, besonders zur Paarungszeit, aus den paarigen Präputialdrüsen (Moschusbeutel zwischen Nabel und Penis) ein stark nach Moschus riechendes Sekret abgesetzt.

Fortpflanzung und Lebenserwartung

Die Fortpflanzungsperiode beginnt im Frühjahr (März) und endet im Spätsommer/Herbst (September). In Gegenden mit langen sommerlichen Klimaphasen können mehr Würfe gesetzt werden (bis zu drei, normal sind zwei im eurasischen Gebiet, im Norden oft nur einer), der Klimawandel könnte sich daher für die Bisamratte günstig auswirken – wenn nicht durch Austrocknung feuchte Habitate verloren gehen. Nach einer Tragzeit von ca. 30 Tagen pro Wurf 4-6 Jungtiere (Nesthocker bis ein wasserdichtes Fell gewachsen ist). Reviergröße zwischen (1000) 3000 und 5000 (mittlerer Wert) aber auch bis zu 12 000 Quadratmeter. Es werden zwei Arten von Unterschlüpfen angelegt: Erdbaue und Burgen (wenn graben nicht möglich ist). Burgen liegen über Wasser, werden aus Wasserpflanzen aufgehäuft und mit einem oder mehreren Eingängen (unter Wasser) und einem Kessel (über Wasser) versehen – sie sind kegelförmig und können einen, aber auch bis zu 12 m³ Größe erreichen Erdröhren werden immer angelegt, wenn Uferböschungen dies erlauben – der Eingang liegt unter dem Wasserspiegel, gegraben wird mit den Vorderpfoten und den Nagezähnen. Der Kessel liegt über dem Wasser und dient dem Rückzug und der Jungenaufzucht Lebenserwartung etwa 3 Jahre maximal, dann sind die Backenzähne stark abgenutzt; höhere Sterblichkeit durch hormonellen Stress (hohe lokale Populationsdichte) möglich Feinde: für Jungtiere vor allem Füchse, die oberirdisch die Burgen aufgraben, für alle Altersstadien Fischotter, Mink (z.B. Populationsreduktion der Bisamratte in Polen), Uhu.

Gefährdung heimischer Ökosysteme

Bisamratten können in ihren neu besiedelten Lebensraum in Europa in zweierlei Hinsicht Einfluss auf die Biotope haben: Durch starke Fraßtätigkeit können bei lokal hohen Populationsdichten besonders Schilf und andere hochwüchsige Pflanzen reduziert werden; dies kann zu einem Absinken von Halmbrütenden Vogelarten führen, andererseits werden in den entstandenen Lücken durch einwandernde Schwimmpflanzen Brut- und Nahrungsplätze sowie Deckung für andere Arten geboten. Hier dürfte sich eine Beeinflussung von Gewässerökosystemen eher positiv bis neutral auswirken.

Gravierend können jedoch die Folgen der Grabtätigkeit sein. Bisamratten legen, wann immer möglich, bevorzugt Uferbaue an – durch die teils meterlangen Röhren und anschließenden Kessel werden Deiche und Grabenböschungen unterhöhlt und destabilisiert. Durch Fahrzeugeinsatz an solchen Gewässerrändern besteht Einbruchgefahr, besonders problematisch ist jedoch die Gefahr bei Hochwasser, hier droht im schlimmsten Fall ein Deicheinriss mit anschließenden Unterspülungen. Die durch den Klimawandel bedingten Starkregenfälle und Hochwasserereignisse in den letzten Jahren bedingen einen besseren Deichschutz und damit dort auch eine Kontrolle des Bisamrattenbestandes.

Im Bundesjagdgesetz

Bisamratten sind nicht im Bundesjagdgesetz gelistet, ihre Entnahme ist in Deutschland meistens über Verordnungen zur Schädlingsbekämpfung, teils auch in Jagdgesetzen/- verordnungen auf Ebene der Bundesländer geregelt. Die Art ist 2017 in die Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung für die Europäische Union aufgenommen worden.

 

Quellen

  • Brzeziński, Marcin; Romanowski, Jerzy; Żmihorski, Michał; Karpowicz, Karolina (2010): Muskrat (Ondatra zibethicus) decline after the expansion of American mink (Neovison vison) in Poland. In: Eur J Wildl Res 56 (3), S. 341–348. DOI: 10.1007/s10344-009-0325-9.
  • Pietsch, M. (1982): Ondatra zibethicus (Linnaeus, 1766) – Bisamratte, Bisam. – In: J. Niethammer, F. Krapp, Handbuch der Säugetiere Europas, Bd. 2/I, 177-192. Wiesbaden.