Jäger und Falkner fordern schärfere Strafverfolgung für Nestzerstörung
In Planungsgebieten für Windkraftanlagen kommt es immer wieder zu illegalen Nest- oder Brutbaumzerstörungen an den Brutplätzen streng geschützter Arten. Hintergrund sind die Auflagen, die für Grundbesitzer und Betreiber gelten: Das Vorkommen von geschützten Arten verhindert oder erschwert die Zulassung der Anlagen. Betroffen sind unter anderem Rotmilane und Seeadler, Schwarzstörche, Baumfalken, Schreiadler oder auch der Uhu. Obwohl es sich dabei um Straftaten handelt, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden können, liegt die Aufklärungsquote nahezu bei Null. Da über Fälle von Nestzerstörungen und illegale Tötungen meist nur regionale Medien berichten, bleibt das wahre Ausmaß des Problems unerkannt.
Der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Deutsche Falkenorden (DFO) fordern daher einen besseren Schutz der gefährdeten Horste und konsequente Strafverfolgung. "Es kann nicht sein, dass die Energiewende auf dem Rücken der heimischen Artenvielfalt ausgetragen wird", kritisierte DJV-Präsident Hartwig Fischer. "Schreiadler und Rotmilane sind ebenso schützenswerte Arten wie der Wolf", gibt DFO-Bundesvorsitzender Hans-Albrecht Hewicker zu bedenken. "Das Zerstören von Nestern ist keine Ordnungswidrigkeit, es ist eine Straftat, und diese Straftat muss härter verfolgt werden."
Beispiel Rotmilan
Sucht man im Internet nach den Worten "Rotmilanhorst" und "Zerstörung", erhält man über die Suchmaschine Google etwa 10.000 Treffer. Immer häufiger wenden sich Naturbeobachter wie Jäger oder andere engagierte Naturschützer an die Presse, wenn ihnen Zerstörungen auffallen. Im mecklenburg-vorpommerschen Ivenack haben nach Angaben des Fachweblogs "jawina.de" die Hobby-Ornithologen Bettina und Norbert Kern (siehe beigefügtes Interview) in den vergangenen drei Jahren sieben Horstzerstörungen dokumentiert. Auch sie wandten sich an die zuständigen Behörden und die Presse. Die Anzeigen wurden jedoch eingestellt, die Zahl der aufgeklärten Fälle ist gleich Null.
Nach Erhebungen der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg geht der Bestand des Rotmilans in ganz Deutschland zurück. Allein von 1995 bis 2009 war in Brandenburg ein Rückgang um 15 Prozent zu verzeichnen. Bei den Opfern von Kollisionen mit Windanlagen liegt der Rotmilan nach dem Mäusebussard an zweiter Stelle. Einer Untersuchung von 2012 zufolge ist beim Ausbauzustand der Windenergie auf dem Stand von 2011 mit 304 bis 354 durch Windräder getöteten Rotmilanen pro Jahr in Brandenburg zu rechnen. Mehr als 50 Prozent des weltweiten Rotmilanbestands lebt in Deutschland, dem Land erwächst daraus eine besondere Verantwortung für diese Art. Vor diesem Hintergrund sind illegale Nestzerstörungen und Tötungen in Planungsgebieten für Windkraftanlagen, von denen der Rotmilan ebenfalls in besonderem Ausmaß betroffen zu sein scheint, unerträglich und schlicht nicht hinnehmbar.
"Sieben verschwundene Horste in weniger als drei Jahren"
Die Hobby-Ornithologen Bettina und Norbert Kern beobachten seit Jahren, wie in ihrer Region Greifvogelhorste verschwinden. Sie dokumentieren die Fälle, bringen sie zur Anzeige und veröffentlichen sie. Im Kurzinterview verraten sie, welche Erfahrungen Sie bisher gemacht haben und wie man als Naturschützer ihre Arbeit unterstützen kann (zur vollen Version: jawina.de).
DJV: Wie sind Sie auf illegale Nestzerstörung in Ivenack aufmerksam geworden?
"In unserer Region wird von einigen Leuten aus unserer Bürgerinitiative ehrenamtlich kartiert und die Horststandorte werden an die entsprechenden Behörden weitergeleitet. Durch die regelmäßigen Kontrollen in den folgenden Jahren wurde das Fehlen der Horste bemerkt. Insgesamt waren es sieben verschwundene Horste in weniger als drei Jahren. 2015 verschwand ein Rotmilanhorst. 2016 verschwanden zwei Rotmilanhorste, ein Schreiadlerhorst, ein Bussardhorst und ein Horst ohne Zuordnung der Besetzung. 2017 verschwand ein weiterer Bussardhorst."
Wie sind Sie dagegen vorgegangen und was raten Sie Betroffenen vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen?
"Wir haben eine Meldung an die Untere Naturschutzbehörde in allen sieben Fällen gemacht. Die verschwundenen Horste aus dem Jahr 2016 wurden zusätzlich bei der Staatsanwaltschaft in Neubrandenburg angezeigt. Bei dem Horst aus 2017 erfolgte eine polizeiliche Anzeige und eine Anzeige bei der UNB. Wir raten grundsätzlich, sofort eine polizeiliche Anzeige zu tätigen und darauf zu bestehen beziehungsweise durchzusetzen, dass sofort eine Spurensicherung erfolgt. Des Weiteren sollte der Horst dokumentiert sein, besser noch kartiert und das Horstverschwinden mit eigenen Fotos zusätzlich belegt werden. Parallel sollte der Fall bei der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde angezeigt werden und Presse und Umweltverbände wie Landesjagdverband oder Deutsche Wildtierstiftung informiert werden."
Was haben Ihre Anzeigen gebracht? Wurden die Täter ermittelt?
"Die Vorfälle sind aktenkundig und haben ein Aktenzeichen. Leider wurde in keinem der Fälle ein Täter ermittelt. Die Verfahren wurden eingestellt."