Die Rehkitz-Retterin
Das ist Käthe. Aus falsch verstandener Tierliebe ist sie zur Waise geworden. Käthes Schicksal teilen viele andere Wildtiere in ganz Deutschland. Immer wieder sammeln Menschen aus falsch verstandener Tierliebe junge Singvögel, Feldhasen oder Rehkitze ein und machen sie damit erst zu Waisen. Käthe hatte Glück im Unglück: Jägerin Ann-Kathrin (Kiki) Petermann päppelt das Rehkitz nun auf.
DJV: Wie bist Du aufs Kitz gekommen?
Kiki: Käthe wurde von einer Familie „gefunden“: Sie lief fiepend über eine Wiese und daraufhin hat die Familie sie eingesammelt. Glücklicherweise bekam sie zur Erstversorgung Lämmermilch. Eine falsche Fütterung hätte das Todesurteil bedeuten können. Die Pflegefamilie war überfordert und hat Käthe an eine Dame weitergegeben, die sich wiederum an einen befreundeten Jäger gewandt hat. Er hat sie dann zu mir gebracht.
Wie geht es Dir damit?
Für mich als Jägerin ist es auf der einen Seite eine Herzensangelegenheit, ein verwaistes Rehkitz großzuziehen. Auf der anderen Seite stimmt es mich auch traurig, da Käthe eigentlich in die Natur zu ihrer Mutter gehört.
In welchem Zustand war Käthe, als sie gefunden wurde?
Käthe war schätzungsweise drei bis vier Tage alt und wies einige Bissverletzungen am Kopf auf – durch vermutlich Fuchs oder Hund. Bei ihrer Ankunft wog sie gerade mal 1.300 Gramm.
Was bedeutet es, ein Rehkitz aufzuziehen?
Die Aufzucht eines Wildtieres sollte nicht unterschätzt werden. Fütterung, Pflege sowie medizinische Versorgung sind zeitaufwändig, unter Umständen kostenintensiv und erfordern Fachkenntnis.
Was bedeutet das konkret?
Ich übernehme alle Aufgaben einer Rehmama, in der Fachsprache Ricke genannt: Zum Beispiel Füttern oder Massieren – damit Käthe Kot und Urin absetzen kann. Und ich sorge für die nötigen Ruhephasen. Zudem mache ich sie mit der Umwelt vertraut. In den ersten zwei Nächten habe ich Käthe alle eineinhalb bis zwei Stunden die Flasche gegeben. Jetzt sind wir bei einem Abstand von drei Stunden. Kompetente Beratung erfahre ich durch die Wildtierhilfe Fiel.
Wie geht es mit Käthe weiter?
Käthe bekommt in ein paar Wochen einen geeigneten Auslauf bei uns auf dem Hof mit Grünfläche und einem windgeschützen Rückzugsort. Wenn sie alt genug ist, entlassen wir sie entweder in die freie Wildbahn mit einer auffälligen Ohrmarke oder sie siedelt in ein Rehwildgehege um.
Was sollten Naturbesucher/-nutzer in dieser Jahreszeit beachten?
Verantwortungsbewusste Spaziergänger und Hundehalter bleiben in der Brut- und Setzzeit auf den Wegen und lassen ihre Vierbeiner an der Leine. Wenn ein vermeintlich hilfloses Wildtier entdeckt wird: Ruhe bewahren und aus sicherer Entfernung beobachten. Rehmütter halten sich meist in der Nähe auf und legen ihren Nachwuchs zum Schutz vor Fressfeinden im hohen Gras ab. Durch das Babyfell mit den sogenannten Kitzflecken sind diese gut getarnt.
Was sollten Naturbesucher/-nutzer tunlichst unterlassen?
Jungwild auf keinen Fall anfassen. Durch menschliche Witterung nehmen die Rehmütter ihre Kitze nicht mehr an und sie werden zu Waisen – der Hungertod droht. Im Zweifelsfall am besten den örtlichen Jäger kontaktieren.