"Für den Beruf muss man geboren sein"
Seit Anfang der 1980er Jahre führt der DJV in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Berufsjäger (BDB) und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen alle zwei Jahre die Meisterlehrgänge der Berufsjäger durch. Dieses Jahr hat Anja Blank als eine der wenigen Frauen in diesem Beruf erfolgreich die Meisterprüfung abgelegt. Unter den 1000 Berufsjägern liegt die Frauenquote bei gerade einmal 1,3 Prozent.
DJV: Frau Blank, wir gratulieren noch mal ganz herzlich zur erfolgreich bestandenen Meisterprüfung. Wie kam es, dass Sie sich in die Männerdomäne der Berufsjäger gewagt haben?
Anja Blank: Ganz ehrliche Antwort? Weil Frauen einfach die besseren Jäger sind (lacht). Nein, Quatsch! Für den Beruf muss man geboren sein, muss Spaß an der Arbeit haben und vielseitig interessiert sein. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Außerdem fühle ich mich in dieser Männerwelt ganz wohl. Vielleicht bin ich da anders als andere Frauen.
Wie schwer hatten Sie es, sich im Meisterlehrgang als einzige Frau durchzusetzen und Ihr Können unter Beweis zu stellen?
Ich hatte nie das Gefühl, dass ich jemandem was beweisen muss. Wenn man abends zusammen sitzt, vergessen die Jungs manchmal, dass auch eine Frau am Tisch sitzt. Da werden die Witze dann etwas derber. Aber das ist verschmerzbar, damit komme ich gut zurecht. Bei der Meisterprüfung haben meine männlichen Kollegen nicht schlecht geguckt, als ich der einzige Prüfling war, der beim Bauen von jagdlichen Einrichtungen mit der Note 1,0 abgeschlossen hat. Das ist ja eigentlich die typische Männerdomäne, so mit Axt und Motorsäge (lacht).
Ihr Lebensgefährte hat gemeinsam mit Ihnen den Lehrgang absolviert und die Meisterprüfung abgelegt. Gab es da auch mal Konkurrenzdenken?
Auf keinen Fall! Wir haben uns abgesprochen, immer die gleichen Lehrbücher gelesen und am Wochenende viel darüber gesprochen. Unter der Woche leben wir nämlich getrennt, da er als Förster und Berufsjäger in Neustadt/Dosse arbeitet. Wir haben uns beim gemeinsamen Lernen gut ergänzt. Er ist zum Beispiel sehr gut in Waffenkunde, mein Schwerpunkt ist die Hundeausbildung.
Wer von ihnen beiden hat besser abgeschnitten?
Was denken Sie denn (lacht)? Im Ernst: Unsere Prüfungsergebnisse liegen ganz eng beieinander. Meine Note ist lediglich hinter dem Komma etwas besser.
Ja, das stimmt. Der zweite Platz ist für mich persönlich ein super Ergebnis. Und ganz ehrlich: Als erste abzuschneiden, wäre blöd gewesen. Da hätten alle gedacht: Die hat bloß einen "Frauenbonus" bekommen. Ich muss mein Foto nicht unbedingt in der Tageszeitung sehen.
Gab es auch mal einen "Frauenbonus"?
Auf keinen Fall, eher hat man das Gefühl härter geprüft zu werden.
Was war die größte Herausforderung während Ihrer Berufs- und Meisterausbildung?
Am schwierigsten war die Vereinbarkeit von Job und Familie. Meine Tochter war zwei Jahre alt zu Beginn der Ausbildung, jetzt ist sie sieben. Meinen Lebensgefährten sehe ich nur am Wochenende und wir haben begonnen, ein Haus zu bauen. Das alles zu managen, war nicht immer einfach.
Und fachlich?
Ich hatte von zu Hause schon eine recht gute jagdliche Vorbildung und konnte während meiner Ausbildung beim LJV viel Praxiserfahrung sammeln. Bei der Vorbereitung auf die Meisterprüfung habe ich an den Wochenenden auch viel mit meinem Freund zusammen gelernt und mich ausgetauscht. Das hat gut geklappt.
Also war für Sie immer klar, dass Sie die Jagd zu ihrem Beruf machen wollten?
Nein, in meinem ersten Leben habe ich eine Menge Jobs ausprobiert. Ich habe Kauffrau für Bürokommunikation gelernt, als Fleischereifachverkäuferin gearbeitet und war Betriebsleiterin einer Putenmastanlage. Nach der Elternzeit wollte ich beruflich etwas ganz Neues ausprobieren. Also saß ich im März 2010 - am Weltfrauentag - mit meiner kleinen Tochter beim Arbeitsamt. Das Gespräch war ernüchternd. Mit 24 Jahren und alleinerziehend wäre ich chancenlos, sagte man mir. Das musste ich erst einmal verdauen. Kurze Zeit später, als ich bei einer Tasse Kaffee über meine Zukunft grübelte, rief mich zum Glück mein späterer Ausbilder und Chef Henning Voigt an. Er fragte mich, ob ich nicht die Ausbildung zur Revierjägerin beim Landesjagdverband Mecklenburg-Vorpommern (LJV) machen möchte. Da habe ich sofort zugesagt. Nach der Ausbildung hat mich der LJV als Berufsjägerin übernommen. Eine Bedingung war, dass ich den Internetauftritt des Verbandes betreue. So kam mir meine Bürozeit doch noch zu Gute.
Sie sagten, ihre jagdliche Vorbildung von zu Hause war hilfreich. Ihr Vater ist auch Jäger, hat er Sie von Anfang an unterstützt?
Ehrlich gesagt, nein. Er wollte anfangs gar nicht, dass ich zur Jagd gehe. Dabei wollte ich ihn schon als Kind immer begleiten. Als ich sieben war, hat er mich zum Beispiel mit auf den Hochsitz genommen und wollte mich mit einem sechsstündigen Ansitz abschrecken (lacht). Hat nicht funktioniert: Mit 13 Jahren habe ich meinen ersten Jagdhund bekommen und meinen Jugendjagdschein habe ich mit 16 gemacht. Den hat übrigens meine Mutter finanziert. Heute fragt mich mein Vater, ob ich nicht mit meinem Hund bei einer Nachsuche aushelfen kann. Wir sind inzwischen ein richtig gutes Team.