Hauskatzen gefährden die Artenvielfalt
„Katzen sind für die Artenvielfalt gefährlicher als Pestizide“, so titelte die Online-Ausgabe der Tageszeitung „Welt“ vergangene Woche. Hintergrund ist eine Studie aus den USA, die jetzt im Fachmagazin „Nature Communications“ erschien (Link zum Welt-Artikel). Torsten Reinwald, DJV-Pressesprecher, appelliert: „Katzenbesitzer sollten jederzeit Verantwortung zeigen für ihr Haustier, es füttern, versorgen und in der Ferienzeit nicht vor die Tür setzen.“ Tierschutzverbände schätzen, dass es in Deutschland neben den „Ferienstreunern“ mehr als zwei Millionen Katzen gibt, die gänzlich verwildert sind. Allein diese erbeuten nach DJV-Hochrechnungen jährlich etwa sechs Millionen Singvögel in Deutschland.
Der US-Studie zufolge töten allein in den USA Katzen bis zu 3,7 Milliarden Vögel sowie 20,7 Milliarden kleine Säuger. Die Ergebnisse übersteigen alle bisher getroffenen Annahmen anderer amerikanischer Studien. Sie liegen auch über der angenommenen Sterblichkeitsrate durch menschliche Einflüsse, so zum Beispiel durch Zusammenstöße mit Fenstern, Gebäuden, Funktürmen, Fahrzeugen und Verschmutzung durch Pestizide. Der größte Schaden geht bei Vögeln genauso wie bei Säugern auf freilebende und herrenlose Katzen zurück. Bei einzelnen Untersuchungen, die die Wissenschaftler betrachteten, kamen auf eine freilaufende Katze 200 getötete kleine Säugetiere pro Jahr. Ginge man nur von 100 getöteten Kleinsäugern pro Katze und einer Population von 30 bis 80 Millionen freilaufender Katzen aus, hieße das, dass 3 bis 8 Milliarden kleine Säuger allein in den USA durch sie zu Tode kommen.
Anlass für die Studie war das oft hervorgebrachte Argument, dass der Einfluss freilaufender Katzen im Vergleich zu menschlichen Eingriffen, wie die Errichtung von Infrastruktur oder die Zerstörung von Lebensräumen, vernachlässigbar ist. Doch laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) zählen Hauskatzen zu den 100 gefährlichsten nicht-heimischen invasiven Arten. Sie tragen zur Gefährdung von Vogel-, Säugetier- und Reptilienarten bei, die auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen.
Auch in Deutschland ist die Zahl der Katzen unnatürlich groß. Laut dem Statistik-Unternehmen „Statista“ waren 2012 Katzen die beliebtesten Haustiere nach dem Hund. Rund zehn Millionen Haushalte haben mindestens eine Katze (Link zu Statista). Ähnliche Zahlen nennt der Industrieverband Heimtierbedarf. Dort geht man von rund 8,3 Millionen Katzen aus. Hinzu kommen schätzungsweise zwei Millionen verwilderte Tiere.
Die amerikanische Studie kommt zu dem Schluss, dass der Einfluss von Hauskatzen auf heimische Wildtiere reguliert werden muss. In Deutschland gibt es schon erste Ansätze: Einige Städte folgten dem Vorreitermodell der Stadt Paderborn und führten eine Kastrationspflicht ein. In den Städten Verden und Hildesheim müssen Katzen außerdem einen Chip tragen, damit sie leichter ihrem Besitzer zugeordnet werden können.
Der Original-Artikel ist erschienen in NATURE COMMUNICATIONS,
Number 4, Artikelnummer 1396, DOI: 10.1038/ncomms2380; erschienen: 29. Januar 2013
“The impact of free-ranging domestic cats on wildlife of the United States”
Autoren: Scott R. Loss, Tom, Will & Peter P. Marra
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Weiterführende Studien zum Einfluss von Katzen:
Olaf Geiter, Susanne Homma, Ragnar Kinzelbach: Bestandsaufnahme und Bewertung von Neozoen in Deutschland. Untersuchung der Wirkung von Biologie und Genetik ausgewählter Neozoen auf Ökosysteme und Vergleich mit den potenziellen Effekten gentechnisch veränderter Organismen. Texte, Heft 25/2002. Umweltbundesamt, Berlin 2002, ISSN 1862-4804
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M. Woods et al.: Predation of wildlife by domestic cats Felis catus in Great Britain. Mammal Rev. 2003, Volume 33, No. 2, 174–188.
Download des Artikels im Internet
John S. Coleman, Stanley A. Temple, Scott R. Craven: Cats and Wildlife. A Conservation Dilemma. (englisch). In: wildlife.wisc.edu, University of Wisconsin, 1997, abgerufen am 6. Juli 2011.