Ich bin eine Fleischjägerin
Katrin Burkhardt ist freie Journalistin und selbst Jägerin. (Foto: Burkhardt)
1. Gemäß des Titels Ihres Buches: Was fasziniert Sie persönlich an der Jagd?
Für mich ist die Jagd ein Zusammenspiel aus vielen Komponenten. Ein wichtiger Aspekt ist, sich auf die Vielfältigkeit der Natur einzulassen. Wer jagen geht, erlebt die Natur während der verschiedenen Jahreszeit sehr intensiv. Beim Beobachten des Wildes – egal, welche Wildart – lernt man immer wieder etwas über sein Verhalten dazu. Man kann sich noch so viele Gedanken um den Wind und den Standort des Hochsitzes machen – häufig ist das Wild einfach schlauer.
Jagd ist auch immer ein Wechselspiel zwischen erhöhter Konzentration, Spannung, Freude, Besinnung und herrlicher Ruhe. Die Erlegung eines Stückes ist für mich dabei zweitrangig. Allein das Wissen, dass jederzeit etwas Überraschendes passieren kann, macht Jagen zu einem Erlebnis. Manches Mal genieße ich einfach die Stimmung, höre in den Wald hinein und atme die verschiedenen Gerüche ein – und schieße nicht, obwohl die Chance da wäre. Natürlich mache ich auch Beute, das gehört dazu. Die Kombination aus Naturerleben, Wildbeobachtung und dem Generieren von Fleisch, das wir essen, macht Jagd für mich sinnvoll.
2. Jagen Frauen anders als Männer? Und welchen Klischees begegnen Sie als Frau auf der Jagd?
Die Vorurteile gegenüber jagenden Frauen sind nach wie vor vorhanden – leider muss ich sagen. Einer Frau wird häufig nicht zugetraut, dass sie mit einer Waffe umgehen, schießen und sogar treffen kann. Oder dass sie die Tätigkeiten, die zur Jagd gehören wie Wild bergen und aufbrechen nicht ausführen kann oder will. Manche denken auch, dass Frauen sich weder bei der Jagd noch bei Revierarbeiten die Hände schmutzig machen wollen. All die Klischees, die es in anderen Bereichen zwischen Frauen und Männer gibt, erlebt man auch bei der Jagd. Jägerinnen definieren sich zum Beispiel in der Regel nicht über Trophäen, Größe oder Anzahl der erlegten Stücke. Das sich Beweisen müssen und Jagdneid spielt bei ihnen so gut wie keine Rolle. Womit wir schon bei einem Unterschied wären: Frauen sind auch beutelos glücklich. Sie können sich am Beobachten, der Stimmung und der Natur genauso erfreuen wie an einem sauber erlegten Stück. Der Eindruck, den ich auch durch mein Buch gewonnen habe, ist, dass Frauen häufig vor der Schussabgabe intensiver überlegen und dass eine Situation für sie wirklich passen muss, bevor sie sich zu einem Schuss entschließen. Diese Motivation kann man verantwortungsvoller oder auch zögerlicher nennen. Frauen jagen anders, keine Frage, wobei anders nicht gleichbedeutend mit besser oder schlechter ist. Jagd ist keine Frage des Geschlechts oder des Alters, sondern der Einstellung und des Charakters. Wer jagen geht, muss es in erster Linie vor sich selbst verantworten – egal, ob Mann oder Frau.
3. Wie haben Sie und Ihr Mann Ihrem Sohn Ihre Passion erklärt?
Mein Stiefsohn ist mit der Jagd aufgewachsen. Für ihn war sie selbstverständlich. Wir haben ihn viel über das Essen lenken können. Wenn es Wildbret gab, hatte er im Zweifel vorher mitgeholfen, die Frostertüten beim Zerwirken aufzuhalten und dabei wurde schon darüber gesprochen, was wir alles Leckeres daraus machen könnten. Er hatte auch mit dem Schießen kein Problem, wobei es für ihn sehr wichtig war zu wissen, dass das Tier nicht gelitten hat.
Generell ist es wichtig, Kindern altersgerecht die Jagd zu erklären und sie nicht zu überfordern. Ein Vier- oder Fünfjähriger kann zum Beispiel mit Begriffen wie Abschussplan oder Wildschaden nichts anfangen. Wenn man aber erklärt, dass die Tiere den Wald auffressen und dann selber keine Nahrung mehr haben oder dass ein Reh nicht zum Arzt gehen kann, wenn es krank ist, wird das meistens verstanden. Ein erster Schritt sind zum Beispiel gemeinsame Sparziergänge, gerne auch mit Hund, bei denen viel erklärt werden kann. Kinder stehen der Jagd vorurteilsfrei und unbefangen gegenüber. Das kann genutzt werden, in dem Eltern sie mit Fingerspitzengefühl langsam an die Thematik heranführen. Aber auch wenn ein Kind keinen Hang zur Jagd entwickelt, sollte das akzeptiert werden.
4. Was entgegnen Sie Menschen, die der Jagd gegenüber eher skeptisch eingestellt sind?
Es kommt darauf an. Wenn mir jemand wirklich zuhört und für Argumente offen ist, erkläre ich sehr viel. Eine Freundin hat es einmal so formuliert: „Ich bin nur bereit mit Vegetariern über die Jagd zu diskutieren.“ So halte ich es auch. Jeder der Fleisch isst, muss sich im Klaren darüber sein, dass dafür Tiere sterben müssen. Mir persönlich ist es lieber, ich weiß, woher das Stück kommt und wovon es sich ernährt hat – und bestenfalls habe ich es selber erlegt. In Zeiten von Antibiotika-Skandalen, BSE und Vogelgrippe bin ich froh, dass ich die Möglichkeit habe, gesundes Fleisch selber zu generieren. Viele Menschen wollen Fleisch essen und das zu möglichst günstigen Preisen. Woher es letztlich kommt und welches Tier dafür verarbeitet wurde, wenn es anonym in Plastik eingepackt im Supermarktregal liegt, will doch niemand ernsthaft wissen. Bei diesem Argument sind die meisten Diskussionen dann beendet. Außerdem erkläre ich, dass wir Jäger nicht in den Wald gehen und jedes Stück einfach so erschießen, sondern dass es strenge Vorgaben gibt, an die wir uns halten müssen.
5. Verwerten Sie das Wildbret selbst?
Wir verwerten unser Wildbret nahezu komplett selber, da wir kein anderes Fleisch essen. Wildbret ist gesund und äußerst vielfältig. Man kann damit alle Gerichte, die eigentlich für andere Fleischsorten gedacht sind, zubereiten. Wir lassen auch Wurst, Schinken, Bratwürste, Sauerfleisch, Sülze und Hack davon machen und binden es in die normale Küche ein. Wild eignet sich auch wunderbar zum Grillen.
6. Verbinden Sie Ihren Beruf als Journalistin mit der Jagd?
Die eine Seite meines Beruflebens ist der Journalismus und dort befasse ich mich überwiegend mit „grünen Themen“. Ich habe in den letzten Jahren mehrere Artikel im Bereich Jagd für nationale und internationale Jagdzeitschriften und die örtliche Presse geschrieben. Und vor kurzem habe ich mein erstes Buch über jagende Frauen veröffentlicht. Es heißt „Die Jägerin – Was Frauen an der Jagd fasziniert“. Darin schildern 15 Jägerinnen ihre Sichtweise der Jagd und warum sie überhaupt jagen gehen. Außerdem gibt es darin viele Praxistipps und Lesenswertes rund um die Jagd.