"Jagd und Artenschutz enden nicht an Ländergrenzen"
DJV: Stephan, seit der Ausschreibung deiner Stelle erreichen uns teils bitterböse Briefe: Ob wir mit der Jagd in Deutschland nicht genug Baustellen haben, fragen Mitglieder und warum jetzt Auslandsjagd?
Wunderlich: Nun ja, Jagd im Ausland bleibt eben nicht im Ausland. Ein Löwe, der 2015 von einem amerikanischen Zahnarzt in Simbabwe erlegt worden ist, wird von der internationalen Tierrechteszene zum „Märtyrer“ gemacht. Diese Szene hat Millionen von Dollar für Kampagnen und zielt bewusst auf die uninformierte Öffentlichkeit, um Spenden zu sammeln - teilweise sogar unterstützt durch Politik und Nichtregierungsorganisationen mit fragwürdigem Tier- oder Naturschutzhintergrund. Dabei wird der Tod eines Löwen kampagnenmäßig als Werkzeug gegen die Jagd eingesetzt. Das strahlt auch auf Europa und Deutschland aus. Ein Effekt: Importembargos. Auch eine deutsche Fluggesellschaft weigerte sich daraufhin Trophäen aus legaler, nachhaltig betriebener Jagd zu importieren.
Das ist für den deutschen Jäger erstmal sehr weit weg.
Falsch. Das ist der Anfang einer Entwicklung, die heute schon jeden Jäger betrifft. Nicht nur die Auslandsjagd, sondern die Jagd per se wird massiv angegriffen und in Frage gestellt! Wir müssen in erster Linie gemeinsam gegenhalten: Jagd ist streng reglementiert und folgt dem Nachhaltigkeitsprinzip. Welche Arten wo und wie bejagt werden dürfen, entscheidet kein Würfel, sondern Regierungen und Wissenschaftler. Und viele erfolgreiche Artenschutzprojekte finanzieren sich durch Geld, das Jäger investieren – weltweit. Hier in Deutschland müssen wir das noch viel stärker kommunizieren!
Deine Stelle teilen wir uns mit dem „Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd“, der Deutschen Delegation des CIC. Der CIC ist in erster Linie Lieferant für ein System zur Bewertung von Trophäen, richtig?
Der CIC hat ein international gültiges System entwickelt, um Qualität und Zielalter einer Trophäe zu bewerten, ja. Vor allem ist er aber ein weltweiter Zusammenschluss von Staaten, staatlichen Institutionen, Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen, Firmen, Persönlichkeiten sowie Jagdverbänden aus 82 Ländern dieser Welt. Bei internationalen Verträgen wie etwa dem Übereinkommen über die Biologische Vielfalt und CITES, dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen, genießt der CIC den Status einer zwischenstaatlichen Organisation.
Das heißt?
Er hat eine beratende Funktion. Er bringt sich auf internationaler Ebene ein, wenn es darum geht, ob und wann eine Wildart bejagt werden kann oder darf. Der CIC ist ein starkes Netzwerk von Experten, in dem Wissenschaft auf gelebte Praxis trifft. Das zeigt sich in den zahlreichen Projekten, die die deutsche Delegation des CIC oder seine Mitglieder unterstützen. Sie sind der beste Beweis dafür, welchen Beitrag aktive Jagd zum Artenschutz leistet. Dass DJV und CIC sich meine Position teilen, ist innerhalb der Verbandsarbeit sicher neu, in der Konsequenz aber nur logisch: Jagd und Artenschutz enden nicht an Ländergrenzen, die Angriffe gegen unsere Passion auch nicht.
Was zeichnet gerade Dich für diese Position aus?
Ich mache Öffentlichkeitsarbeit seit ich den Jagdschein habe. Bisher habe ich immer ehrenamtlich den DJV bei Messen, Symposien und Vorträgen unterstützt und war freier Redakteur in der jagdlichen Fachpresse. Zuletzt habe ich den Facebook-Account des LJV Baden-Württemberg maßgeblich mitgestaltet und Teile der Öffentlichkeitsarbeit für den Deutschen Falkenorden (DFO) übernommen. Der DFO ist in meinen Augen ein Paradebeispiel für gelebten Artenschutz durch Jäger: Die bestandsstützende Auswilderung von weit über 1.000 Wanderfalken über Jahrzehnte hinweg zur Wiederansiedlung in Deutschland ist eine echte Erfolgsstory - übrigens maßgeblich auch durch den CIC unterstützt.
Ursprünglich komme ich aus der Forstwirtschaft und habe viele Jahre im Bereich der Holzwirtschaft gearbeitet - sehr viel Zeit davon in Asien und Lateinamerika, sowie Osteuropa. Ich denke, dass ich ein gutes Gespür für Menschen habe und wie man sie trotz zum Teil unterschiedlichster Kulturen und Ansichten an einen Tisch bekommt. Das ist etwas, was ich auch in meiner künftigen Aufgabe leisten können muss: Leute an einen Tisch bringen, die lieber übereinander als miteinander reden.