Kunst und Jagd
Durch einen schönen Zufall bin ich zu meiner ersten Jagd gekommen. Ich bin bildende Künstlerin aus Berlin und seit Oktober für drei Monate Stipendiatin im Mecklenburgischen Künstlerhaus Schloss Plüschow. Über eine Online-Buchbestellung beim Nordwest Media Verlag habe ich dessen
Inhaber, Herrn Ulf-Peter Schwarz, kennengelernt. Als er mir erzählte, dass er außerdem Jäger in Plüschow ist, habe ich ihn gefragt ob er mich nicht einmal zur Jagd mitnehmen könnte. In meiner künstlerischen Arbeit beschäftige ich mich unter anderem mit Spurensicherung und den
Geschichten eines Ortes und seiner Bewohner. Es passte also thematisch schon mal gut. Einige Tage später stand ich mit meinen dicksten Jacken und meinen Kameras vor seiner Tür. Zum Glück hat er mich kleidungstechnisch noch weiter ausgestattet und ein Fernglas gab es auch dazu. Ich habe mich noch nie tiefergehend mit der Jagd beschäftigt und war gespannt und leicht
aufgeregt. In den frühen Abendstunden sind wir los und Ulf-Peter hat mir im Wald erste Wildschweinspuren gezeigt und mir das Heranpirschen näher gebracht. Ich war erstaunt wie viele Geräusche der Wald zu bieten hat und wie ruhig man selbst sein kann. Als Erstes ging es auf den Hochsitz. Ulf-Peter hat mir ein Jagdsitzkissen mitgebracht und ich hab es dankbar auf das feuchte Holz gelegt. Der Ausblick war wunderbar und die ersten Rehe kamen zum Vorschein. Das Gewehr schussbereit, aber es kam nicht zum Einsatz...Ich war ehrlich gesagt ganz froh, auch wenn ich gehört habe, dass es für das Wild der angenehmste Tod ist. Es war schön so dazusitzen und zu warten. Für den Magen gab es Wildleberwurst-Brötchen. Sehr intensiv...Natur auch auf der Zunge. Nach einer Weile ging es wieder runter vom Hochsitz und wir haben uns am Waldrand entlang gepirscht. Ich habe versucht die Schrittgeschwindigkeit und entschlossene Vorsicht von Ulf-Peter in meinem eigenen, neu entdeckten Jagdgang zu übernehmen Und dann auf einmal, ganz nah und ganz leise...zwei Rehkitze. Schlüpferwild, wie ich gelernt habe. Das war ein magischer Moment. Die Annäherung an etwas nicht Greifbares - nach einigen langen Sekunden waren sie auch schon wieder verschwunden. So lautlos, wie sie erschienen waren. Die
Geister des Waldes. Mittlerweile legte sich die Abenddunkelheit schon um uns, und wir sind langsam, ich mit tausend neuen Sinneseindrücken, über den Acker zurückgegangen. Von diesem ersten Jagdausflug habe ich Videoaufnahmen fragmentarisch in meine Videoarbeit "Hunter" einfließen lassen. Zudem hat mir Ulf-Peter Bilder seiner Nachtsichtkamera überlassen, die zu einem weiteren Teil dieses Kunstprojektes geworden sind.
Einige Wochen später hat mich Ulf-Peter Schwarz erneut zur Jagd eingeladen. Einer großen Treibjagd mit zahlreichen Plüschower Jägern und Treibern. Ich wurde gleich von allen Jägern offen aufgenommen. Besonders habe ich mich gefreut, drei Jägerinnen kennenzulernen. Die Treibjagd war ein sehr spezielles Erlebnis, insbesondere die Bruch-Zeremonie und das Wildauf- Strecke-Legen nach der Jagd und das Zusammensitzen am Lagerfeuer. Die Bilder blieben mir noch lange im Kopf haften. Abends hat mich mein Lieblingsjäger noch zum Wildschwein-Buletten-und-Pilze-frisch-aus-dem- Wald-Essen eingeladen. Das war gut! Meine Videoarbeit "Treibjagd" erzählt von diesem Tag.
Von Dana Engfer