Lernort Natur auf der Insel
Wir haben ja alle ein mehr oder weniger klischeehaftes Bild von Sylt, der nördlichsten deutschen Nordseeinsel: Promis und gut Betuchte flanieren hier an mondänen Stränden lang und treffen sich in angesagten und teuren Strandbars um sich bestaunen zu lassen oder unter sich zu sein. Das gibt es natürlich. Es gibt aber auch noch ein anderes Sylt. Und dieses konnten 22 DJV-Naturpädagogen vom 12.-14. April kennen lernen, die beim Sylter Hegering zu Gast waren. Mit von der Inselpartie waren DJV-Präsident Hartwig Fischer und Wolfgang Heins, Präsident des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein.
Dieses andere Sylt ist wild und die Jäger spielen hier eine große Rolle, denn auf dem langgezogenen Eiland müssen Menschen und Tiere auf knappem Raum miteinander klar kommen. Das bringt häufig Konflikte mit sich. Die Vielfalt des Engagements der Sylter Jägerinnen und Jäger für den Naturschutz ist ein Beispiel für das Thema Jagd schlechthin in einer Zeit, in der viele Anspruchsgruppen in der Natur unterwegs sind, sie schützen oder etwas von ihr haben wollen. Sylt ist hier wahrlich ein Mikrokosmos, in dem sich allerhand studieren lässt. LJV-Präsident Heins sieht hier den besonderen Reiz des Nordens: „Wir haben eine faszinierende landschaftliche Vielfalt hier mit sehr spezifischen Herausforderungen. Da kommt es auf ein gutes Miteinander an.“
Vogelkoje: Über Sylt hinaus ein Begriff
Aushängeschild ist die Eidumer Vogelkoje, ein Kleinod in der Nähe von Rantum. Gänse und Enten geben sich hier ein Stelldichein und ihr Verhalten lässt sich dabei wunderbar erkunden. Eine mit vorwiegend eigenen Mitteln ausgestattete Station kann ganze Klassenzimmer aufnehmen. Hans Sanders, der Leiter der Vogelkoje, erinnert sich: „Das war hier alles in keinem besonders guten Zustand, als wir mit dem Hegering die Vogelkoje übernommen haben. Da steckt ein schönes Stück Arbeit drin. Aber jetzt sind wir ziemlich stolz drauf.“
Interessierte lernen hier viel über die Natur auf Sylt, über die Probleme, die die immer größer werdenden Scharen der Gänse mit sich bringen und über das sensible Gefüge der Nordseeinsel, die sturmumtost der Nordsee trotzt und eine ebenso ansteigende Flut von Touristen verkraften muss.
Das ist auch ein Thema für Lernort Natur, der hier eine besondere Rolle spielt. Für die Naturpädagogin und Jägerin Wiebke Bleicken ist Lernort Natur zum Lebensmittelpunkt geworden und die Vogelkoje fast schon ein zweites Zuhause: „Wir haben ja nicht nur Gäste von der Insel hier bei uns, sondern auch viele Touristen. Das steigende Interesse freut uns natürlich sehr, denn mittlerweile ist die Koje ziemlich populär geworden. Lernort Natur ist der beste Weg, um auch die Notwendigkeit der Jagd auf Sylt zu vermitteln.“
Das Wappentier der Nordsee
Nordsee und Seehunde, das gehört irgendwie zusammen. Und richtig spannend wird es dann, wenn die Seehundjäger von ihrer – ehrenamtlichen – Arbeit erzählen. Eigentlich sind sie ja „Meeressäugerschützer“, aber als Jäger bezeichnen sie sich ganz bewusst, denn manchmal müssen sie auch ein Tier erlegen, aber nur, um kranke oder nicht überlebensfähige Tiere zu erlösen. Ansonsten sind sie Heger und Pfleger im besten Sinne. Tiere, die, weil allzu wohlmeinende Menschen sie berührt haben, von ihrer Mutter allein gelassen wurden, verletzte Tiere oder auch die erlegten bringen die wettergegerbten Männer zur Seehundaufzuchtstation Friedrichskoog. Und auch sie arbeiten in nicht immer konfliktfreien Situationen, wenn Touristen ihnen zunächst mal nichts Gutes unterstellen und sie vielleicht auch noch bei ihrer Arbeit behindern.
Für Hegeringleiter Manfred Uekermann und sein gesamtes Team ist Jagd und Naturschutz auf der Insel eine Einheit, die fast ihr ganzes Leben bestimmt. Sehr gefreut hat ihn darum der Besuch der DJV-Naturpädagogen aus ganz Deutschland: „Wir wollten einfach mal zeigen, dass Sylt nicht einfach nur eine Ferieninsel ist, sondern wir hier Jagd und Naturschutz in einer ganz besonderen Weise betreiben.“
Davon war nicht nur DJV-Präsident Fischer begeistert: „Was die Jägerinnen und Jäger im Sylter Hegering hier aufgebaut haben, verdient bundesweit Beachtung. Das war ein großartiges Erlebnis.“