Sommerzeit ist Zeckenzeit
Wer jetzt in Wald und Flur unterwegs ist, macht mitunter Bekanntschaft mit einem unangenehmen Parasiten. Er wartet am Wegesrand oder im Unterholz auf potenzielle Beute für eine Blutmahlzeit: der Gemeine Holzbock, Deutschlands verbreitetste Zeckenart. „Er kommt von Flensburg bis Konstanz vor und mag es feucht und schattig“, sagt Biologin Dr. Dania Richter von der Technischen Universität Braunschweig. Naturbesucher sollten deshalb vor allem Übergangsstrukturen zwischen Wald und Wiese oder Lichtung, kleine Gehölze und Brachen meiden, empfiehlt der Deutsche Jagdverband (DJV). Die Zeckenforscherin ergänzt: „Natürlich fühlt er sich auch in Gärten, Parks oder auf Friedhöfen wohl – ein kurz gemähter Rasen ist allerdings weniger attraktiv als dichtes Gebüsch.“
Die Zecke ist faul
Der Gemeine Holzbock ist nicht wählerisch, bei wem er Blut saugt. Zu seinen Wirten zählen alle Wirbeltiere außer Amphibien und Fische. Auch das Blut von Mensch und Hund verschmäht er nicht. Die Zecke springt Wanderer weder hinterrücks an, noch lässt es sich meterweit vom Baum fallen: „Genau genommen ist er ein fauler Sack, der seinen Wirten auflauert“, erklärt Prof. Dr. Franz-Rainer Matuschka, Parasitologe von der Berliner Charité und der Universität Potsdam. Zecken lauern selten höher als einen Meter über dem Boden ihren Wirten auf und lassen sich von der Vegetation abstreifen.
Geringes Borreliose-Risiko
„Der Zeckenbiss an sich ist ungefährlich. Entscheidend für die Gesundheit ist, ob beim Saugakt Krankheitserreger wie Lyme-Borrelien oder FSME-Viren übertragen werden“, sagt Dr. Dania Richter. Während mit FSME-Viren befallene Zecken überwiegend im süddeutschen Raum inselartig vorkommen, treten Zecken, die Borrelien im Gepäck haben, bundesweit auf. Von sieben Arten, die in Europa beschrieben werden, sind fünf für den Menschen gefährlich. Obwohl vielerorts etwa ein Drittel der Zecken Lyme-Borrelien beherbergen können, liegt das Risiko, infiziert zu werden, im einstelligen Prozentbereich.
Übertragung erst nach 20 Stunden
Zudem: Die Erreger sitzen laut Experten im Darm der hungrigen Zecke und brauchen mindestens 20 Stunden, um über den Speichel in die Bisswunde übertragen zu werden. Kommt es zu einer bakterielle Erkrankung, tritt meist im Bereich der Bissstelle nach ein bis sechs Wochen ein roter Ring auf. Diese Wanderröte ist ein Indiz für Lyme-Borreliose. „Im Normalfall ist die Erkrankung nicht lebensbedrohlich und gut mit Antibiotika behandelbar. Bei Menschen mit Vorerkrankungen oder einem schwachen Immunsystem kann es allerdings unter Umständen auch einen schwerwiegenden Verlauf nehmen“, sagt Prof. Dr. Franz-Rainer Matuschka. Dies sei aber extrem selten.
Ziegen und Rehe sind immun gegen Borreliose
Bei ihren Forschungen haben die beiden Wissenschaftler eine interessante Entdeckung gemacht: Wiederkäuer wie Ziegen oder Rehe lassen sich nicht mit dem Erreger – der von Vögeln, Nagetieren und Eidechsen auf die Zecke übertragen wird – infizieren. Das Gegenteil ist der Fall. Eine befallene Zecke, die bei einem Wiederkäuer Blut saugt, verliert den Erreger der Lyme-Borreliose. Das Wiederkäuer-Blut löscht den Erreger sozusagen aus.
Schutz gegen Zecken
Wer jegliches Risiko ausschließen möchte, schützt sich. Wie? „Indem wir den Zecken das Leben schwer machen – etwa mit Anti-Zeckenmittel. Ein Wirkstoff, der gut anschlägt, ist Icaridin. Lange, helle Kleidung und Hosenbeine in den Socken helfen ebenfalls. Gegen FSME kann man sich impfen lassen“, so die Empfehlung der Experten. Nach jedem Aufenthalt im Freien ist es zudem ratsam, sich gründlich abzusuchen (Zecken-Check). Hat doch einmal eine Zecke „angebissen“, sollte sie rein mechanisch mit Pinzette, Zeckenhaken oder Zeckenschlinge entfernt werden. Wichtig: Erst anschließend die Wunde desinfizieren.