Wald und Wild gehören zusammen
Im Kontext des notwendigen Waldumbaus fordern Vertreter von Forst und Naturschutz „Wald vor Wild“ als Handlungsmaxime: Wenn nur möglichst viele Rehe und Hirsche getötet werden, entstünde ein vielfältiger Wald von alleine. Der Deutsche Jagdverband (DJV) protestiert gegen diese pauschale Haltung und macht deutlich: Wildtiere sind nicht für eine verfehlte Forstpolitik von über drei Jahrzehnten verantwortlich. Mehr als 1,4 Millionen Rehe, Rot- und Damhirsche haben Jäger in der vergangenen Saison erlegt - 5 Prozent mehr als im Vorjahr, zeigt eine vorläufige Auswertung. Trotz seit Jahren steigender Abschusszahlen dominieren allerdings immer noch die anfälligen Arten Fichte und Kiefer. Jeder zweite Baum ist nach wie vor ein Nadelbaum in Deutschland, 27 Prozent der Wälder sind Nadelholzreinbestände.
Von den Teilnehmern der ab heute tagenden Umweltministerkonferenz in Hamburg fordert der DJV eine Vorbildfunktion: Die öffentliche Hand muss endlich zeigen, wie sich klimastabile Wälder verwirklichen lassen. "Waldumbau allein mit dem Gewehr ist offensichtlich viel zu kurz gedacht", sagte DJV-Vizepräsident Dr. Dirk-Henner Wellershoff. Es brauche für Wildtiere im Wald unter anderem verbesserten Lebensraum, Ruhezonen und Konzepte für die Besucherlenkung. Auch Jagdschneisen in großen Aufforstungsflächen müssten frühzeitig angelegt werden. "Die Patentlösung gibt es nicht", sagte Dr. Wellershoff. Vielmehr müssten Waldbesitzer, Förster und Jäger vor Ort die Situation genau analysieren.
Nach Meinung von Forstexperten haben Dürre und Feuer den Wald auf einer Fläche von der Größe des Saarlandes geschädigt. Rund 6 Milliarden Bäume müssen deshalb gepflanzt werden. Jäger sehen sich hier als Partner der Waldbauern: Auf den entstehenden Aufforstungsflächen müssen Rehe und Hirsche verstärkt bejagt werden. Umfangreiche Pflege- und Schutzmaßnahmen sind trotzdem notwendig. Eine Mammut-Aufgabe: In den vergangenen 30 Jahren wurde etwa die Hälfte der Mitarbeiter im Forstbereich entlassen - damit der Wald sich wirtschaftlich rechnet.
Die Definition des Begriffs „Wildschaden“ erfolgt vor dem Hintergrund der ökonomischen Betrachtung des Wirtschaftswaldes. Dabei ist aber nicht jede verbissene Forstpflanze ein Schaden und ein gewisses Maß an Wildeinfluss auf die Vegetation ist zu tolerieren. Wildtiere von der Maus über das Eichhörnchen bis zum Reh gehören ins Ökosystem Wald und müssen sowohl Deckung als auch Nahrung finden. Zahlreiche Studien belegen, dass Pflanzenfresser wie Reh oder Hirsch sogar einen positiven Effekt auf die Artenvielfalt haben - seltene Insekten, Wirbeltiere und Pflanzen profitieren.