Anreize für Groß und Klein schaffen, um die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen
DJV: Was hat dich zu diesem Buch inspiriert?
Annette von Karp: Eigentlich haben wir aus der Not eine Tugend gemacht, denn während der Corona Zeit durfte ich noch nicht einmal in die Nähe meiner Naturkinder. Auch ein Waldspaziergang mit Abstand war mir untersagt. So wollten wir mit diesem Buch lehrreiche, spielerische und waldpädagogische Anreize für Familien schaffen, um die Natur mit allen Sinnen zu entdecken. Ich selbst habe das Glück, dass ich so naturverbunden aufgewachsen bin, wie ich heute arbeite. Das möchte ich weitergeben.
In Deinem Buch gibt es sehr viele kreative Spielideen. Woher nimmst Du die Inspiration und wie entwickelst Du neue Spiele?
Klingt vielleicht spirituell, aber die Ideen für neue Spiele kommen mir meistens beim Spazierengehen. Ich schaue was, die Natur gerade in diesem Moment für Wunder und Phänomene bereithält und was ich kostenlos und simpel zu einem Spiel umfunktionieren kann. Ich möchte den Kindern etwas bieten, auf das sie stolz sein können. Zu Hause schreibe ich meine Ideen auf, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Hin und wieder schaue ich natürlich auch ins Internet, um mich inspirieren zu lassen.
Wie sieht für dich ein perfekter Ausflug mit Deinen Naturkindern in die Natur aus?
Ich nehme mir für jeden Ausflug ein Thema vor. Der Ausflug ist perfekt, wenn die Kinder etwas gelernt haben und glücklich nach Hause gehen. Am meisten freut es mich, wenn sie mit einem Leuchten in den Augen, dreckigen Klamotten und roten Bäckchen vom Ausflug zurückkommen. Natürlich ist es im Sommer besonders schön, wenn wir in der Natur aus dem Vollen schöpfen können, wenn Wildkräuter blühen und Insekten umherschwirren. Aber ich liebe auch Frühling, Herbst und Winter. Im Winter koche ich gerne draußen – Wildschweingulasch zum Beispiel.
Es liegt Dir sehr am Herzen, vor allem Kindern aus schwierigem sozialem Umfeld die Natur näherzubringen, schreibst Du auf Deiner Internetseite. Was genau reizt Dich an dieser Herausforderung?
Ursprünglich wollte ich vor allem Kinder aus sozialen Brennpunkten herausholen, um ihnen etwas anderes zu zeigen. Ich habe Kinder mit in den Wald genommen, die mich – sobald wir auf die Autobahn fuhren – fragten, ob wir noch in Deutschland seien. Einige waren noch nie zuvor im Wald. Diesen Kindern eine andere Perspektive zu zeigen, war und ist unheimlich bereichernd. Heute gehe ich mit jedermann raus in den Wald und die Natur, Erwachsene wie Kinder kommen auf mich zu. Der Kindergarten bebt, wenn ich mit dem Nettibus vorfahre, weil die Kinder sich vor Freude nicht mehr einkriegen. Solche Situationen zeigen mir, wie wertvoll meine Arbeit ist.
Gab es ein besonderes Erlebnis, während das Buch entstanden ist?
Mir fallen da ein paar Anekdoten ein. Als wir zum Beispiel im Wildpark zu Besuch im Damwildgehege waren, hat sich der Fotograf ausgerechnet in die Losung (den Kot) vom Damwild gelegt. Aber weil die Fotos gut waren, konnten wir alle darüber lachen. Ich muss an den verwaisten Frischling namens Wilma denken. Wilma hat zusammen mit einem kleinen Jungen aus der gleichen Pfanne Piroschki genascht, als wäre es das Normalste der Welt. Es ist auch schön zu sehen, was die Kinder im Vorbeigehen aufschnappen: Ich habe den Kindern im Wald erklärt, was „Totholz“ ist und als ein Lkw mit einer Ladung Holz vorbeifuhr, rief ein Junge: „Schau mal Netti! Ein Totholzlaster!“