Verband stellt klare Forderungen
Die politische Entscheidung, das Landesjagdgesetz in Baden-Württemberg ändern zu wollen, wurde 2011 verbindlich getroffen. Dies zu ignorieren würde bedeuten, sich aus dem Entscheidungsprozess auszuschließen. Daher hat der Landesjagdverband Baden-Württemberg (LJV) mit breiter Zustimmung seiner Mitgliedsvereine entschieden, an einem Beteiligungsverfahren mitzuwirken, welches das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Oktober 2012 begonnen hat. Die Ergebnisse des Verfahrens sollen Grundlage für einen Referentenentwurf bilden. In moderierten Arbeitsgruppen diskutieren Vertreter von Jagd, Landwirtschaft, Grundeigentümern sowie Natur- und Tierschutz alle wichtigen Sachverhalte, die im Jagdrecht geregelt werden müssen. Das Land plant unter Ausnutzung der nach der Föderalismusreform eingeräumten Möglichkeiten ein Vollgesetz.
Stellv. Landesjägermeister Dr. Jörg Friedmann hat in einer Auftaktveranstaltung im Landtag im Juni 2012 für den LJV deutlich gemacht, dass der LJV eine komplette Neufassung nicht für erforderlich hält, aber bei einer sinnvollen Fortschreibung gesprächsbereit ist: „Im Gegensatz zu anderen Betroffenen sind wir die einzigen Gesetzesanwender, die von einem neuen Landesjagdgesetz in seiner Gesamtheit berührt sind. Wir müssen sicherstellen, dass nicht andere über unsere ureigensten Belange beraten und entscheiden; wir werden deshalb mitreden und eigene Ideen einbringen.“ Der LJV hat sich aber ausdrücklich die Möglichkeit vorbehalten, im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren erforderlichenfalls ein von den Gremien des Beteiligungsverfahrens abweichendes jagdpolitisches Votum abzugeben.
Zur Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens, das im Lauf des Jahres 2014 abgeschlossen sein soll, hat der LJV eine interne Arbeitsgruppe eingerichtet, in der die Mitglieder des geschäftsführenden Präsidiums, Juristen, Veterinäre und einige Kreisjägermeister vertreten sind. Die Arbeitsgruppe hat bisher Leitlinien des LJV für ein praxisgerechtes Jagdrecht und einen umfangreichen Forderungskatalog erarbeitet. Dieser beinhaltet im Wesentlichen Forderungen, die bisher nicht oder nicht in dieser Form im Jagdrecht enthalten sind. Leitlinien und Forderungskatalog werden nachfolgend wiedergegeben.
Leitlinien des LJV für ein praxisgerechtes Landesjagdgesetz
Der LJV strebt auf der Basis fachlich gesicherter, insbesondere wildbiologischer und jagdwissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der Berücksichtigung lebensräumlicher Gegebenheiten und des Tierschutzes ein ideologiefrei formuliertes und hinreichend differenzierendes Landesjagdgesetz an.
Das Landesjagdgesetz muss eine tragfähige Grundlage für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Jagd- und Wildtiermanagement darstellen.
Es hat alle arteigenen Ansprüche der Wildarten zu umfassen und diese mit den unterschiedlichen Nutzungsinteressen der Menschen an den Wildtierlebensraum abzuwägen.
Das Landesjagdgesetz dient dem Erhalt der Biodiversität, wahrt Belange des Tier- und Naturschutzes und ermöglicht die Gewinnung hochwertiger Lebensmittel und Wildprodukte. Ziel ist eine Beschränkung der gesetzgeberischen Regulierung auf ein notwendiges Maß. Die Eigenverantwortung der jeweiligen Betroffenen ist durch jagdpraktisch umsetzbare Gesetzesbestimmungen zu stärken. Dadurch wird die gesellschaftliche Akzeptanz von Jagd und Jägern gewährleistet. Die Jagdausübung wird von bürokratischem Ballast befreit.
Forderungen des LJV zur geplanten Novellierung des Landesjagdgesetzes
Die Aufgabenerfüllung der Jäger nach dem bisherigen Jagdrecht kann sich sehen lassen. Der LJV ist deshalb grundsätzlich für die Beibehaltung bewährter jagdrechtlicher Regelungen im Bundes- und Landesjagdgesetz. Er sperrt sich aber nicht gegen eine sachgerechte und angemessene Fortschreibung. Dazu fordert der LJV:
1. Grundsätze
- Beibehaltung getrennter Rechtskreise von Jagd-, Naturschutz- und Tierschutzrecht
- Erhaltung des Reviersystems
- Jagdrecht als Teil des Eigentumsrechts
2. Praxisgerechte Umsetzung des EGMR-Urteils im Bundes- oder Landesrecht
3. Waidgerechtigkeit und Hege
- Begriff der Waidgerechtigkeit beibehalten; er ist kein traditioneller, sondern ein dynamischer Begriff
- Fortentwicklung des Hegebegriffs:
- Hege umfasst Biotophege und Wildhege, sie verwirklicht Ziele des Tier- und Naturschutzes
- Hegeverpflichtung betrifft auch Grundeigentümer und Nutzungsberechtigte
- Unterstützung großräumiger lebensraumbezogener Maßnahmen zur Biotop- und Wildhege für andere Wildarten
4. Hegegemeinschaften
- als Körperschaften des öffentlichen Rechts für Rot- und Damwild
5. Abschaffung der eigenständigen Jagdverwaltung für die Eigenjagdbezirke des Landes (§ 39 Abs. 2 LJagdG)
6. Stärkung des Kreisjagdamts als Kollegialorgan
7. Erweiterung der Liste der dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten
- Waschbär, Marderhund, Nutria (von der DVO ins Gesetz),
- Wolf
- Mink, Goldschakal
- Rabenvögel (Krähen, Elstern, Eichelhäher)
8. Jagdzeiten
- Einführung einer Jagdzeit für Gänse (Grau-, Kanada-, Nil- und Rostgans) – Jagdzeit wie Bundesjagdzeiten-VO
- Jagdzeit auf den Dachs: Jungdachse ab 1. 6., Altdachse 1. 7. – 31. 12.
- Unterbrechung und Ende von Jagdzeiten bei Schalenwild
- Jagdende am 15. 1. für wiederkäuendes Schalenwild
- Keine Bewegungsjagden während Zeiten witterungsbedingter Nahrungsknappheit
- Ringel- und Türkentauben: Jagdzeit ab 1. 9.
- Rotwild: 1. 5. – 31. 5. Schmaltiere und Spießer, 1. 8. – 15. 1. alles Rotwild
9. Rotwild
- Aufhebung der Rotwildgebiete
- Bewirtschaftungskonzepte für Rotwildlebensräume
- Verbot der Nachtjagd
10. Wildschaden
- Einführung einer Wildschadensausgleichskasse
- Aufhebung der Ersatzpflicht für Wildschäden in Weinbergen und bei Energiepflanzen
- Obliegenheiten für Land- und Forstwirtschaft zur Verminderung und Vermeidung von Schäden
- Ausschluss der Ersatzpflichtigkeit von Bagatellschäden als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums
11. Tierschutz
- Ausbildung und Prüfung von Hunden: Ausdrückliches Bekenntnis zur Zulässigkeit von Schwarzwildübungsgatter-
- Lebender Ente (Stuttgarter Vereinbarung)
- Schliefanlagen
- Hasenspur
- Federwild
- Einführung einer Wildfolgeregelung für Nachsuchengespanne, die von einer Vereinigung der Jäger nach dem Vorbild der LJV-Nachsuchenvereinbarung anerkannt sind
12. Wildschutz
- Schutz des Wildes vor schädlichen und rechtswidrigen Einwirkungen und Gefahren
- Schutz bestandesbedrohter Wildarten (z. B. Auerwild)
- Schutz des Wildes vor Futternot (Wildfütterung), Fütterungspflicht bei witterungsbedingter Nahrungsknappheit:)
- Ethisches Gebot im Rahmen des Tierschutzes)
- Leistung der Jäger für die Gesellschaft, Wild vor dem Hungertod zu bewahren)
- Erhaltung des Fütterungsrechts vom 1. 12. bis 31. 3.)
- artgerechte Fütterung als Reaktion auf Habitat-Defizite und notwendiges Instrument zur Wildlenkung und damit zur Verhütung von Wildschäden)
- Zulässige Futtermittel: alle artgerechten natürlichen heimischen Futtermittel, nach Wildarten differenziert
- Schutz vor übermäßiger Beunruhigung durch Freizeitaktivitäten abseits von Wegen, Beschränkungen des freien Betretungsrechts
bei witterungsbedingter Nahrungsknappheit- während der Brut-, Setz- und Aufzuchtzeiten
- jeweils insbesondere durch Wegegebot und Leinenzwang
13. Entbürokratisierung
- Landesweite Einführung der Rehwildbewirtschaftung ohne behördliche Abschussplanung (RobA)
- Übernahme von Aufgaben, die mit jagdlichen Beurteilungen verbunden sind, z. B.
- Bestätigung von Jagdaufsehern durch den LJV
- Anerkennung der jagdlichen Ausbildungsstätten
Sonstiges:
- Abschaffung der Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Jagdsteuer in § 10 des Kommunalabgabengesetzes
Deutscher Jagdverband e. V. (DJV)
Vereinigung der deutschen Landesjagdverbände für den Schutz von Wild, Jagd und Natur
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