Anklage verlesen
Ein Mann will Selbstmord begehen, trinkt aber im Wald erst eine Flasche Schnaps und schläft ein. Als ihn ein Jäger weckt, kommt es zum Streit, der tödlich endet. Am Dienstag begann im „Jägerfall“ der Prozess gegen einen 58-Jährigen.
Keine Zeugen, eine Tatwaffe und viele Indizien: Acht Monate nach den tödlichen Schüssen auf einen Jäger in einem Waldstück im Hörselgau nahe Gotha hat am Dienstag vor dem Erfurter Landgericht der Totschlags-Prozess gegen einen 58-Jährigen begonnen. Laut Anklageschrift soll der Angeklagte – ebenfalls ein Jäger – im Oktober vergangenen Jahres nach einem Streit einen 69-Jährigen erschossen haben. Der Angeklagte räumte in den Vernehmungen die Schüsse ein, will aber aus Notwehr gehandelt haben.
Der sogenannte Jägerfall gibt einige Rätsel auf. Laut Staatsanwaltschaft gab der mutmaßliche Täter in den Vernehmungen an, in den Wald gegangen zu sein, um sich mit seiner Pistole das Leben zu nehmen. Zuvor habe er eine Flasche Schnaps getrunken und sei dann mitten auf dem Feldweg eingeschlafen. Als ihn der später Getötete dort schlafend auffand, soll dieser ihn aggressiv mit einem Schlag gegen den Rücken geweckt haben, woraufhin es zu einem Streit kam.
Dieser soll so eskaliert sein, dass der 69-Jährige schließlich sein Gewehr aus dem Auto geholt habe und damit auf den Angeklagten zielte. Dann seien die Schüsse gefallen. Der Angeklagte habe „gezielt zweimal auf die rechte Schulter und den rechten Oberschenkel geschossen“, sagte Staatsanwalt Martin Scheler vor Gericht. Obwohl das Opfer daraufhin zu Boden gesackt sei, habe der 58-Jährige einen weiteren Schuss in den Oberbauch abgegeben und damit den Tod des Mannes billigend in Kauf genommen.
Zwei Monate nach der Tat wurde der 58-Jährige festgenommen. Die Ermittler hatten alle registrierten Waffen aus dem Landkreis Gotha sichergestellt und die Tatwaffe dadurch identifiziert. Zeugen wurden am ersten Verhandlungstag nicht vernommen. Der Prozess soll am 24. Juni mit der Aussage des Angeklagten fortgesetzt werden.
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