Erstickt der Naturschutz an seinen Erfolgen?
Die Erholung der Bestände einstmals gefährdeter Arten führt inzwischen in einigen Regionen Deutschlands zu erheblichem Unmut. So ist der Biber mancherorts zum Streitobjekt Nummer eins geworden. Spätestens seit beispielsweise im Landkreis Märkisch-Oderland (Brandenburg) der Biber regelmäßig Deiche unterhöhlt und Flutgräben staut, gibt es dort kaum noch Befürworter für den nach wie vor strengen Schutz. Der Deutsche Jagdverband (DJV) fordert, dass es künftig möglich sein muss, flexibler auf solche Entwicklungen zu reagieren. "Sonst ist die Akzeptanz für den Artenschutz in der Bevölkerung der ländlichen Gebiete in Gefahr", sagte DJV-Präsidiumsmitglied Dr. Jürgen Ellenberger. Vor diesem Hintergrund müsse die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) dringend überarbeitet werden, unter anderem um auf nationale und regionale Besonderheiten besser reagieren zu können.
Die jetzt anstehende Evaluierung der FFH-Richtlinie sei eine Chance für größere Flexibilität und damit auch für eine bessere Akzeptanz des Artenschutzes auf nationaler Ebene, sagte Ellenberger. Auf europäischer Ebene erfordert die Änderung des Schutzstatus für eine Art bisher eine einstimmige Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten. Die FFH-Richtlinie hat direkten Einfluss auf das Bundesnaturschutzgesetz, das nur sehr begrenzt und mit hohen bürokratischen Hürden Ausnahmen vom strengen Schutz zulässt, den Arten in Anhang IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie genießen. Das gilt auch für Arten mit positiver Bestandsentwicklung, die längst nicht mehr in ihrem Bestand gefährdet sind. Die ohnehin schon strengen Vorgaben der europäischen FFH-Richtlinie wurden in Deutschland sogar verschärft.
Der DJV kritisiert die Behauptung einer Vielzahl europäischer Naturschutzverbände, der Naturschutz sei nur mit einem Erhalt der Richtlinien aufrecht zu erhalten. Das erklärte Ziel der Umweltverbände: Eine Überarbeitung der Richtlinien mit allen Mitteln zu verhindern. Die Verbände suggerieren damit, dass jede Öffnung der Richtlinien ein Rückschritt für den Naturschutz sei. Dem widerspricht der DJV vehement: Es gehe nicht darum, die Richtlinien auszuhöhlen um damit den Naturschutz zu schwächen, sondern die Richtlinie den Veränderungen der letzten Jahrzehnte anzupassen und durch bessere Regeln die Akzeptanz des Artenschutzes zu erhöhen.
Der DJV ruft alle Mitglieder auf, an der Umfrage teilzunehmen. Noch bis zum 24. Juli 2015 kann jeder EU-Bürger seine Bewertung der europäischen Naturschutzpolitik abgeben.