Vermaisung und kein Ende
130 Vertreter aus Politik, Landwirtschaft, Jagd, Natur- und Artenschutz trafen sich Anfang Dezember im Thüringer Landtag zur Fachtagung “Artenschutz, Landwirtschaft und Jagd”. Eingeladen hatten das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN), die Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen e.V., der Landesjagdverband Thüringen e.V. und der Thüringer Bauernverband e.V.
Minister Jürgen Reinholz und dessen Staatssekretär Roland Richwien überbrachten nicht nur Grußworte: „Zusammenarbeit ist zwingender denn je notwendig. Nur miteinander lassen sich diese Probleme lösen, nicht neben- oder gegeneinander“. Der Präsident des Thüringer Bauernverbandes, Helmut Gumpert wies in seinem Grußwort auf die Verantwortung seiner Klientel für das Naturgut Boden hin. Er warf die Frage auf, ob Extensivierung oder doch besser Intensivierung der Landwirtschaft bei gleichzeitig anwendungsorientierter Agrarförderung der sinnvollere Weg sei. Er verwies darauf, dass trotz Ausbau des Energiepflanzensektors Thüringen keine Maiswüste werde. LJV-Präsident Steffen Liebig überbrachte Grüße des Präsidenten des Deutschen Jagdverbandes und mahnte an die Verantwortung aller Naturnutzer für das immer komplex zu betrachtende Ökosystem. Er verwies darauf, dass alle Fragen zur Thematik „Nachhaltigkeit“ letzten Endes globale Angelegenheiten seien.
Referent Andreas Just aus dem Naturschutzreferat in der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission informierte zur Finanzierung von Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen im Rahmen von NATURA 2000 sowie zur Bedeutung prioritärer Aktionsrahmen. Referent Thomas Lettau aus dem TMLFUN berichtete zu Wirkungen der neuen Direktzahlungsregeln auf den Umwelt- und Biotopschutz, zu ELER-Flächenförderung und KULAP-Förderung auf Landesebene. Der Projektkoordinator der Stiftung Lebensraum Thüringen e.V., Walter Schlöffel berichtete zu einem über ELER geförderten Niederwild-Projekt auf über 20.000 Hektar im Erfurter Becken, in welchem auch mehrere Agrargenossenschaften involviert sind.
PD Dr. Christian Stolz (Uni Flensburg) referierte unter der provokanten Überschrift „Vermaisung und kein Ende“ zu naturräumlichen Auswirkungen neuer Energielandschaften am Beispiel Schleswig-Holsteins. Dem einzig der Energiegewinnung dienenden Maisanbau in dieser Region Deutschlands stehen eine Vielzahl von Negativwirkungen auf die heimische Landschaft gegenüber, die letzten Endes dem Gesamtkonzept „Positiva der alternativen Energiegewinnung“ einen negativen Stempel aufdrücken. Dr. Armin Vetter von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft referierte zur regionalen Nutzung erneuerbarer Energien. Sein Fazit: “Die Ziele bei Klimaschutz, Biodiversität und nachhaltiger Landentwicklung sind nur erreichbar in enger Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und ressortübergreifenden Abstimmung der Handlungsfelder und Programme im Rahmen der Umwelt- Klima-, Wirtschafts-, Landwirtschafts-, Innen- und Sozialpolitik. Thüringen beschreitet hier einen guten Weg.”
Im dritten Themenschwerpunkt „Artenschutz und jagdliche Aspekte“ stand die Schwarzwildproblematik im Mittelpunkt. Referent Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel (Stahnsdorf) referierte zum Thema „Schwarzwild ist der Gewinner der Agrarlandschaft – und wie gehen wir damit um?“. Sein Resümee: “Klimawandel, Intensivlandwirtschaft aber auch Bejagungsfehler im Komplex gesehen fressen Biodiversität und begünstigen Schwarzwild. Landwirtschaftliche Fördermaßnahmen sollten so modifiziert werden, dass der Zwang zur Intensivierung geringer wird, bundeseinheitliche Jagdzeiten und flächendeckend schärfere Bejagung des Schwarzwildes sind zwingend erforderlich.” Dr. Sandra Blome (Friedrich-Loeffler-Institut; Insel Riems) informierte zur Klassischen und Afrikanischen Schweinepest, den beiden auch ökonomisch bedeutsamsten Tierseuchen dieser Wildtierart. Deren Gefahr eines Ausbruchs hat mit steigenden Schwarzwildbeständen und unter Beachtung zunehmender Vernetzung und Internationalisierung des Handels und Verkehrs auch in Deutschland wieder deutlich zugenommen.