Ohrfeige für Bundesregierung: Neuste Wolfsdaten müssen berücksichtigt werden
(Berlin, 2. August 2024) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einem Urteil zur Bejagung des Wolfes in Spanien zum "günstigen Erhaltungszustand" geäußert (Urteil vom 29.7.2024, C-436/22): Entscheidend sind demnach nicht allein die turnusmäßig nur alle sechs Jahre abzugebenden Berichte der Mitgliedsstaaten, sondern auch die jeweils neuesten wildbiologischen Daten. Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt diese Klarstellung. Seit Jahren hat der DJV immer wieder darauf hingewiesen, dass sich die Bundesregierung nicht hinter Berichten nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie verstecken darf, sondern auch die weitere Entwicklung berücksichtigen muss. Dies hat der EuGH jetzt in aller Deutlichkeit bestätigt.
Die Bundesregierung hat den Erhaltungszustand des Wolfes zuletzt im Jahr 2019 auf einer veralteten Datengrundlage als ungünstig eingestuft. Dem widersprechen DJV und namhafte Wildbiologen. Nach den letzten vom Bundesamt für Naturschutz veröffentlichten Daten gab es Ende April 2023 in Deutschland 185 Rudel, 45 Paare und 22 Einzeltiere. Aufgrund dieser zeitverzögerten Systematik wird die Bundesregierung im Juli 2025 einen Wolfsbestand melden, der auf zwei Jahre alten Bestandszahlen basiert. Auf Basis der bisherigen Zuwachsraten geht der DJV von 250 Rudeln zum Ende des Sommers 2024 aus.
Selbst wenn der Erhaltungszustand nicht als günstig einzustufen sein sollte, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des EuGH, dass Ausnahmen vom strengen Schutz möglich sind, wenn dadurch das Erreichen des günstigen Erhaltungszustandes nicht beeinträchtigt wird. Der EuGH hat darüber hinaus festgestellt, dass eine Population, die lediglich nach Anhang V geschützt ist - wie die Wölfe in Nordspanien -, nicht bejagt werden darf, wenn sie sich nach der Bewertung der zuständigen Behörden in einem ungünstigen Erhaltungszustand befindet. Die Wölfe in Deutschland sind jedoch wie in den meisten EU-Ländern noch in Anhang IV aufgeführt.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung und der rasanten Entwicklung der Population kann es für die Bundesregierung nur eine Handlungsoption geben, um das im Koalitionsvertrag selbst gesteckte Ziele eines regional differenzierten Bestandsmanagements zu erreichen: Sie muss sich vorbehaltlos für den Vorschlag der EU-Kommission auf Herabstufung des Schutzstatus in der Berner Konvention einsetzen. Dazu ist die Bundesumweltministerin laut DJV offensichtlich nicht bereit.