Pille für Wildschweine ist Utopie - mehr Jagd auf Jungtiere
Dresden (dpa) - Der Bestand an Wildschweinen in deutschen Wäldern lässt sich aus Sicht von Experten nicht durch eine Antibabypille für reduzieren. «Sie ist eine Utopie, nicht mehr als ein Hirngespinst, ein frommer Wunsch und wird auch auf absehbare Zeit nicht realisierbar sein», sagte der Sprecher des Deutschen Jagdverbandes, Torsten Reinwald, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies auf das Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin, das Versuche mit der Pille wieder eingestellt habe. Reinwald reagierte auf Forderungen des Vereins Wildtierschutz Deutschland, die Pille zur Bestandsregulierung zu verwenden.
Reinwald zufolge ist auch ein bei Hausschweinen zur Verhütung verwendetes Hormonpräparat ausgeschlossen. Das Medikament müsse je nach Körpergewicht dosiert und zudem gespritzt werden: «Das ist in der Praxis bei Wildschweinen gar nicht umsetzbar. Die kann man zur Impfung nicht einfach so zusammentreiben», erklärte der Experte. Der Wald sei weder ein Streichelzoo noch ein Bauernhof: «Wildschweine sind Wildtiere, dabei sollte man es belassen.» Er sei verwundert, dass ein Verein im Namen der Tierrechte so etwas vorschlage und den Wildschweinen das elementare Recht auf Fortpflanzung streitig mache.
Der Biologe sieht nur eine Möglichkeit zur Verkleinerung der
Populationen: «Dazu müssen wir mehr Schweine im Alter von unter zwei Jahren schießen. Sie tragen zu 70 Prozent zum Wachstum des Bestandes bei. Darin liegt der Schlüssel.» Der Jagdverband sehe kein Problem darin, Schonzeiten aufzuheben. Allerdings gelte es, den Schutz der Muttertiere zu gewährleisten. Ein Jäger dürfe Frischlingen nicht die Mutter wegschießen.
Nach Angaben Reinwalds haben sich die Bedingungen für Wildschweine in Deutschland stark verbessert: «Aufgrund des guten Nahrungsangebots werden sie heute schon mit drei, vier Monaten geschlechtsreif. Früher dauerte das ein Jahr.» Die Landwirtschaft trage zu dem Geburtenboom bei. Auf der Hälfte der Ackerfläche in Deutschland würden nur noch drei Feldfrüchte angebaut: Raps, Weizen und Mais. «Das ist Wildschweinfutter satt. Zudem hat sich in den vergangenen 30 Jahren der Ertrag pro Fläche verdreifacht. Pro Hektar gibt es heute drei Mal mehr potenzielle Kalorien für Wildschweine.»
Nicht zuletzt fördere der Klimawandel die Bestandsentwicklung. Nach einer Studie aus Österreich sei er inzwischen die treibende Kraft.
«Da es immer wärmer wird, kommen auch schwache Wildschweine durch den Winter und verpaaren sich dann. Mittlerweile sind sie sogar in Höhen von mehr als 1000 Metern anzutreffen und breiten sich in Europa immer weiter nach Norden aus», sagte Reinwald. Ferner habe der Klimawandel einen Nebeneffekt - Buchen und Eichen befänden sich im Dauerstress und reagierten darauf mit vermehrter Samenproduktion: «Früher gab es im Wald alle sieben Jahre ein Mastjahr, heute schon alle zwei.»