(Quelle: Kauer/DJV)

Trotz Kälte noch aktiv

26. Oktober 2015 (djv) Berlin
Auch im Herbst erkranken immer wieder Menschen an der gefährlichen Zeckenkrankheit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Zur Verbreitung und zum Impfschutz hat der Bundesverband für Gesundheitsinformationen und Verbraucherschutz (BGV) eine neue Broschüre herausgegeben. Erhard Hackler, Vorstand des BGV, gibt Hinweise und Tipps im Umgang mit der Zecke.  
Zecke
Zecke

Der Gemeine Holzbock ist auch in der nasskalten Jahreszeit aktiv und kann Krankheiten übertragen. "Aktiv werden sie ab 10 Grad, die Zeckensaison dauert daher von Frühjahr bis in den Spätherbst hinein," sagt Erhard Hackler, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Gesundheitsinformationen und Verbraucherschutz (BGV). Der Deutsche Jagdverband empfiehlt deshalb, nach dem Waldspaziergang auch jetzt noch auf Zeckenstiche zu achten. Zecken übertragen bis zu 20 verschiedene Krankheiten. Die bekanntesten sind Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die durch Viren übertragen wird. Erkranken können Menschen und Hunde gleichermaßen. Gegen FSME bietet eine Impfung wirksamen Schutz. Diese sollte bereits im Winter erfolgen, um das Immunsystem bis zum Frühjahr fit zu machen. 

Der Deutsche Jagdverband befragte Erhard Hackler worauf beim Umgang mit Zeckenstichen zu achten ist.

DJV: In Ihrer Informationsbroschüre greifen Sie das Thema "Impfschutz gegen die Zeckenkrankheit FSME" auf. Ist das Erkrankungsrisiko in Deutschland tatsächlich so hoch?

Hackler: Erhard Hackler, Vorstand des BGV in BonnDas Erkrankungsrisiko ist regional sehr unterschiedlich. Da die Erkrankung meldepflichtig ist, lässt sich feststellen, wo das Infektionsrisiko besonders hoch ist. Insgesamt werden aktuell 145 Kreise als FSME-Risikogebiete ausgewiesen; ein Kreis wird als Risikogebiet definiert, wenn in einem Fünfjahreszeitraum in dem Kreis oder in der Kreisregion mehr als ein Fall pro 100.000 Einwohner aufgetreten ist. Vereinzelt tritt die Erkrankung aber auch in anderen Gebieten in ganz Deutschland auf. (Robert-Koch-Institut, Stand Mai 2015).

 

In Welchen Regionen sind Menschen besonders gefährdet? 

Das FSME-Virus ist in Deutschland weitgehend auf Gebiete im Süden des Landes begrenzt. Es kommt vor allem in Bayern, Baden-Württemberg sowie in einzelnen Landkreisen von Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen und Thüringen vor. Vereinzelt wurden auch Fälle in anderen Regionen gemeldet. Je nach Region sind 0,1 bis 5 Prozent der Zecken mit dem FSME-Virus infiziert, in einzelnen Landkreisen vor allem im Südosten Deutschlands, werden auch höhere Raten gefunden. Eine interaktive Karte ermöglicht es, sich über das Risiko für jeden einzelnen Kreis in Deutschland zu informieren. 

Gerade Jäger halten sich mit ihren Jagdhunden viel in Wald und Feld auf. Wann ist die Gefahr am größten von einer Zecke gestochen zu werden?

Zecken mögen es feucht und warm. Sie fühlen sich an allen schattigen Plätzen im Grünen wohl, zum Beispiel an Waldrändern, in Lichtungen, Uferzonen von Bachläufen oder Seen, Wiesen und Sträuchern. Sie sitzen meist in Bodennähe, kommen aber auch auf Pflanzen und Büschen in einer Höhe von anderthalb Metern vor. Aktiv werden sie ab 10 Grad Celcius, die Zeckensaison dauert daher von Frühjahr bis in den Spätherbst hinein.

Welche Krankheiten überträgt die Zecke auf den Menschen, welche auf den Hund?

Zecken übertragen bis zu 20 verschiedene Krankheiten. Die bekanntesten sind die Borreliose, eine bakterielle Erkrankung, die mit Antibiotika behandelt werden kann, und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die durch Viren übertragen wird. Beide Erkrankungen kommen auch beim Hund vor. Nähere Informationen zu Erkrankungen beim Hund gibt es zum Beispiel beim Tierarzt.

Bei der Entfernung von Zecken gibt es verschiedene Möglichkeiten. Welche ist die beste?

Das Risiko, durch einen Zeckenstich infiziert zu werden, ist umso geringer, je schneller sie entfernt wird. Am besten verwendet man dazu ein spezielles Entfernungsinstrument, wie etwa eine Zeckenkarte, -zange oder ein -lasso. Die Zecke sollte im Kopfbereich so nah wie möglich an der Haut gegriffen und je nach Instrument durch leichtes Drehen oder Hebeln vorsichtig und möglichst senkrecht herauszogen werden. Wichtig ist es, den Holzbock nicht zu quetschen, da so infizierter Speichel oder Darminhalt schneller übertragen wird. Auf keinen Fall sollte die Zecke mit Öl, Klebstoff oder Nagellack bedeckt werden, weil sie auch dann noch vermehrt Krankheitserreger freisetzen könnte. Nach dem Entfernen muss die Wunde desinfiziert werden. Wer Krankheitssymptome bemerkt, wie zum Beispiel Kopfweh, Fieber oder Muskelschmerzen, sollte einen Arzt aufsuchen.

Wie können wir uns schützen?

Wenn es sich nicht vermeiden lässt, durch hohes Gras oder Unterholz zu streifen, sind lange Kleidung und feste Schuhe ein wichtiger Schutz. Sinnvoll ist es, regelmäßig nachzusehen, ob auf der Kleidung eine Zecke krabbelt. Auf heller Kleidung sind Zecken leichter zu sehen als auf dunkler. Insektenabweisende Mittel schützen zusätzlich. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der Körper nach Zecken abgesucht werden. Besonders gern setzen sie sich dort fest, wo die Haut dünn und feucht ist, etwa in den Kniekehlen, an den Achseln, hinter den Ohren und im Leistenbereich. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lässt es sich nie ganz ausschließen, dass eine Zecke durch eine Lücke in der Kleidung auf den Körper gelangt. Die wichtigste Präventionsmaßnahme zum Schutz vor der FSME ist daher die Impfung. Sie wird für alle Personen empfohlen, die in einem FSME-Risikogebiet leben oder sich dort aufhalten. Die Grundimmunisierung wird am besten in den Wintermonaten durchgeführt. Wer sich auf die Schnelle noch für den Rest der Zeckensaison schützen möchte, kann auch eine Schnellimpfung in Anspruch nehmen.

Wie verläuft die Erkrankung?

Von den Menschen, die von einem FSME-Virus infiziert worden sind, erkrankt ungefähr jeder Dritte, mancher davon schwer. Tendenziell verläuft die Erkrankung bei älteren Menschen schwerer als bei jungen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Erkrankung verläuft in zwei Stadien. Im ersten Stadium spürt der Betroffene unspezifische Symptome, ähnlich wie bei einer Grippe. Viele werten Fieber, Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen als grippalen Infekt und merken gar nicht, dass eine FSME-Infektion die Ursache ist. Viele Patienten haben die Erkrankung nach ein bis zwei Wochen überstanden. Bei anderen steigt das Fieber nach einer beschwerdefreien Phase von etwa einer Woche plötzlich wieder an. Dann hat die Erkrankung das zweite Stadium erreicht; das Virus hat das zentrale Nervensystem befallen. Bei etwa der Hälfte der Patienten entzünden nur die Hirnhäute (Meningitis), bei etwa 40 Prozent befällt das Virus auch das Gehirn (Enzephalitis); in etwa 10 Prozent der Fälle ist außerdem das Rückenmark beteiligt  (Meningoenzephalomyelitis).

weiterführende Links:

Informationen für Tierhalter auf www.parasitenfrei.de

interaktive Deutschlandkarte mit FSME-Risikogebieten

Die Broschüre steht zum Download auf dieser Seite oder kann kostenlos per E-Mail bestellt werden: hackler@bgv-info-gesundheit.de


Infobox:

Wiederkäuer haben positiven Einfluss auf Borreliose-Zecken:

Manche Wirte der Zecke, wie Nagetiere oder Vögel, sind bekannt als Reservoir für die Erreger der Lyme-Borreliose. Saugt die Zecke als Larve oder Nymphe an einem infizierten Wirt, dann nimmt sie Borrelien auf und kann sie im nächsten Stadium auf den Menschen übertragen – auch nach einer weiteren Häutung zum Zeckenweibchen. Untersuchungen zeigten, dass Zecken ihre gefährliche Fracht nicht an Wiederkäuer weitergeben können. Das gilt sowohl für Nutztiere wie Ziegen, Schafe und Rinder, als auch für Reh-, Rot-, Dam- und Muffelwild. Und besser noch: Infizierte Zecken, die an Wiederkäuern saugen, verlieren die Lyme-Borrelien während der Blutmahlzeit. Sie saugen sich voll, fallen vom Wirt ab, entwickeln sich zum nächsten Stadium und sind nicht mehr infektiös. Wiederkäuer werden deshalb als zooprophylaktisch bezeichnet. Welche Substanz im Blut der Wiederkäuer während der Blutmahlzeit für diesen Effekt sorgt und die Lyme-Borrelien in der Zecke auslöscht, ist bisher unbekannt. Grundsätzlich gilt: In Gebieten, in denen viele Wiederkäuer leben, stecken sich die Zecken also weniger häufig an. Die Wahrscheinlichkeit, dort einer infizierten Zecke zu begegnen, ist geringer.


 

 

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Informationsbroschüre Zeckenstich

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3. 6. 2014, Berlin

Mit Reh und Hirsch gegen Borreliose

Die Zecken-Experten Dr. Dania Richter und Professor Franz-Rainer Matuschka forschen seit rund 20 Jahren an Ixodes ricinus, dem Gemeinen Holzbock. Umgangssprachlich bekannt als Zecke, saugt der Parasit das Blut von Säugetieren, Vögeln und Eidechsen – und kann dabei Krankheitserreger übertragen.

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