(Quelle: Kauer/DJV)

„Vielleicht ist weniger mehr“

9. September 2014 (djv) Berlin

Nadine Weers ist jüngste deutsche Meisterin aller Zeiten im jagdlichen Schießen. Die 20-Jährige erzählt im DJV-Interview, wie sie zur Jagd gekommen ist, obwohl kein einziger in ihrer Familie jagt und was man mit 20 Jahren schon über „Routine“ weiß.

DJV-Bundesmeisterin Nadine Weers
DJV-Bundesmeisterin Nadine Weers (Quelle: Weers/DJV)

DJV: „Herzlichen Glückwunsch Frau Weers zur jüngsten deutschen Meisterin aller Zeiten! Was für eine Leistung! Wie haben Sie sich vorbereitet?“

Weers: „Dankeschön erstmal. Dieses Jahr habe ich ehrlich gesagt eher wenig trainiert. Ich wäre auch eigentlich zu den Deutschen Meisterschaften gar nicht in Deutschland gewesen, weil ich noch bis vor kurzem zu einem Praktikum in Namibia war. Dort habe ich mich aber kurzentschlossen für einen früheren Rückflug entschieden. Wenn man’s zusammenzählt, war ich in diesem Jahr etwa zehn Mal überhaupt schießen. Vielleicht ist weniger mehr.“

„Das war Ihre vierte Teilnahme an den Bundesmeisterschaften. Wie haben Sie sich den in den Jahren zuvor vorbereitet?“

„Normalerweise trainiere ich zwei bis vier Mal pro Monat. Am Anfang habe ich viel mit meinem Trainer Hans-Jörg Faden trainiert, damit sich keine Fehler einschleichen und relativ früh bin ich dann schon in die Wettbewerbe eingestiegen.“

„Sind Sie ein Wettkampftyp?“

„Mittlerweile ja. Ich bin sehr ehrgeizig und zielstrebig. Früher war ich jedoch viel zu angespannt. Ich hatte mir eine bestimmt Leistung so fest in den Kopf gesetzt, dass ich nicht locker genug war. Und dann ist es völlig schief gegangen. Jetzt kann ich locker und konzentriert sein. Man braucht eine gewisse Routine.“

„Sie sind 20 Jahre alt und sprechen ernsthaft von „Routine“?“

(lacht) „Das ist lustig, nicht wahr? Die drei Meisterschaften vorher haben mir aber schon viel Erfahrung gebracht.“

„Wann haben Sie mit der Jagd begonnen?“

„Meinen Jagdschein habe ich im August 2010 gemacht – da war ich gerade 16 Jahre alt geworden.“

„Dann ist Ihre Familie sicherlich jagdlich geprägt.“

„Nein – überhaupt nicht.“

„Die Geschichte wollen wir hören: Wie sind Sie dann zur Jagd gekommen?“

„Durch meinen Nachbar, der zugleich mein Trainer ist – Hans-Jörg Faden. Ich war schon immer gern mit dem Pferd in der Natur und damals auch öfter mit seinem Jagdhund spazieren gegangen. Irgendwann hat mich seine Frau angesprochen und gefragt, ob mich die Jagd interessiert und ob ich mal mit auf den Hochsitz gehen wollte.“

„Und wollten Sie?“

„Na klar, aber ich war 14 Jahre alt und meine Eltern wollten nicht, dass ich mit einem fremden Mann nachts im Wald sitze.“

„Und dann?

„Dann hat sich Hans-Jörg bei meinen Eltern vorgestellt und meine Mutter hat ihn aus der Schule erkannt. Dann durfte ich.“

„Wie war das?“

„Ich kann mich immer noch genau an alles erinnern. Es war typisches Schleswig-Holstein-Wetter, es regnete aus Eimern, aber irgendwann kamen doch die Sauen. Hans-Jörg hat dann auch gleich eine erlegt. Er hat sie versorgt, mir dabei alles gezeigt, ich habe auch die Organe anfassen dürfen und fand es überhaupt nicht eklig. Von da an bin ich öfter mit ihm zur Jagd gegangen und wir haben auch häufig etwas erlegen können. Dann wollte ich den Jagschein machen.“

„Was haben Ihre Eltern gesagt?“

„Die dachten zu Anfang, das wäre so eine Art Strohfeuer: Die Jagd sei zu teuer, um sie mal eben anzufangen und sie dann wieder fallen zu lassen. Also haben meine Eltern ein Angebot gemacht: Wenn ich in der Schule einen bestimmten Notenschnitt erreiche, zahlen sie den Jagdschein. Den Schnitt habe ich dann natürlich geschafft und den Kompaktkurs in den Ferien habe ich auch bestanden.“

„Was sagen Ihre Eltern jetzt?“

„Seit ich den Jagdschein habe, denken meine Eltern auch anders über die Jagd. Sie wissen, dass die ganzen Vorurteile nicht stimmen, verstehen und akzeptieren es.“

„Wo gehen Sie zur Jagd?“

„Bei meinem Trainer und in der Seenberger Heide.“

„Abi in der Tasche, gerade zurück aus Namibia und die Deutsche Meisterschaft oben drauf. Wie soll es weitergehen?“

„Nächstes Jahr möchte ich Agrarwirtschaft an der FH in Rendsburg studieren. Danach weiß ich noch nicht, in welche Richtung ich gehen will, weil ich definitiv kein Typ bin, der den ganzen Tag im Büro sitzen kann. Bis dahin will ich noch jede Menge Erfahrung in diversen Praktika sammeln. Natürlich werde ich auch die freie Zeit genießen und jagen gehen.“

„Mit welchen Waffen gehen Sie zur Jagd?“

„Jagdliche führe ich eine Mauser M03 in .308 Win. Für Wettkämpfe schieße ich eine Match-Büchse von Anschütz in .22 Hornet mit einem alten Zeiss-Glas, die meinem Trainer gehört. Meine Flinte ist eine Browning FN. Als Schülerin fehlen ein wenig die finanziellen Mittel für den Sport, deshalb bin ich meinem Trainer für die Unterstützung sehr dankbar.“

 „Haben Sie noch etwas, was Sie loswerden wollen?“

„Ich würde gern meiner Familie danken, weil sie mir den Jagdschein ermöglich hat. Sehr dankbar bin ich auch Hans-Jörg, weil er der Türöffner für mich war, um zur Jagd zu gehen und ein wunderbarer Trainer ist. Fachlich gut zu sein und dann den Stoff auch noch rüberzubringen, sind ja zwei verschiedene Stiefel, aber er vereint die einfach. Ohne ihn wäre auch unsere Damenmannschaft nicht dort, wo sie jetzt ist. Ein riesiger Dank geht letztendlich auch an die Mannschaft, die am Donnerstag – auch nachdem auf ein paar Tauben vorbei geschossen wurde – zusammen gehalten hat und bis in die Haarspitzen motiviert war. Wir haben einfach einen fantastischen Trainer und ein super Team!“

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